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Die Minen von Potosí

BOLIVIA | Thursday, 22 November 2007 | Views [3287]

Der Eingang zum Mine.

Der Eingang zum Mine.

Seit 1545 wird im Cerro Rico, an dessen Fuss sich Potosí befindet, Silver abgebaut. Jahrhundertelang wurden in Potosí spanische Münzen geprägt. Ironie der Geschichte: bolivianische Münzen werden heute in Spanien geprägt.

Silber gibt es nur noch wenig im Berg, inzwischen werden Zinn, Zink, Blei, Wolfram und Antimon abgebau. Wie abgebaut wird, hat sich in den hunderten von Jahren allerdings kaum verändert.

Natürlich bin ich nach Potosí gekommen um die Minen zu sehen. Führungen durch die Minen werden in Potosí von alten "mineros" Minenarbeitern geleitet. Sie beginnen mit einem Besuch des "mercado de los mineros", des Marktes der Bergarbeiter. Dies ist der wohl einzige MArkt der Welt an dem Dynamit frei verkäuflich ist, ohne Genehmigung, ohne Altersbeschränkung, für 6 Bolivianos pro Stange (ca. 0,60 Euro), 17 Bolivianos (1,70 Euro) mit Spregstoffverstärker und Sicherheitszündschnur. Die mineros erklären, wie der Sprengstoff gebraucht wird (genauere Ausführungen dazu sind angesichts der derzeitigen Weltsicherheitslage wohl nicht abgebracht). Zudem gibt es 96%igen Alkohol zu kaufen, jede Menge Koka-Blätter und Getränke, hauptsächlich Cola. Als Geschenke für die mineros, und weil man sie bei der Besichtigung der Mine praktisch von der Arbeit abhält, kauft man vor dem Besuch etwas Dynamit, Cola und viel viel Koka, d.h. die getrockneten Kokablätter in Plastiktüten.

Dann ein kurzer Besuch in den Erzaufbereitungsanlagen, wo zwar nicht mehr mit Quecksiber, aber dafür mit Zyanid und anderen Chemikalien gearbeitet wird, ohne Schutzkleidung, mit einfachsten Maschinen.

Und dann die Minen. Am Eingang, nichts weiter als einem schwarzen Loch im Berg, kommen einem die ersten schwer beladenen Loren entgegen, bis zu einer Tonne Erz pro Wagen, 2 Männer ziehen den Wagen an Seilen, 2 Männer schieben ihn an, über wackelige, lose Schienen. Und dann hinein in die Dunkelheit: Die Wände sind gelb von Schwefel, die Luft staubig, der Weg voller Löcher zwischen den Schienen. Es geht einen halben Kilometer in die Minen, zwischendurch wird der Weg enger, die Decke niedriger, nach allen Seiten, nach oben und unten gehen kleine Stollen, eher Löcher ab, in denen Erz abgebaut wird oder wurde. Immer wieder drücken wir uns an den Rand um eine Lore vorbeizulassen. Erstaunlicherweise wird es unter Tage nicht kälter, sondern immer wärmer und damit auch stickiger, bis zu 40 Grad, manchmal mehr, herrschen in den Stollen und das auf einer Höhe von über 4.000m über dem Meer.

In einem Seitenstollen begegnet uns ein "Tio de la mina", ein Onkel der Mine. Die Minenarbeiter verehren sie wie Götter, jede Gruppe unter Tage hat seinen eigenen Tio, ihm werden Zigaretten, Koka und Alkohol, der erwähnte 96%ige als Opfergaben beigebracht. In er Hoffnung auf reiche Funde (die Arbeiter werden nach dem Metallgehalt des Erzes bezahlt) und gesunde Rückkehr ans Tageslicht. Weiter geht es durch enge Schächte zu einer Gruppe von mineros. Ich habe selten so lustige Menschen erlebt, wie dort unten in den Minen. Über alles wurde gelacht und Witze gemacht. Alle hatten eine Backe vol mit Koka-Blättern. In der Mittagspause, die sie gerade machten, stopften sie sich weitere Blätter in den Mund. Ohne die Blätter wäre die Arbeit in den Minen nicht ertragbar. So wurden wir auch zuerst um Koka gebeten, erst dann um Cola. Mit Hammer und Meissel werden die Spenglöcher in das harte Gestein getrieben. Die Gesichter der mineros sind jung, Faustino ist 16, er besteht darauf, das der 16-einhalb ist. Seit zwei Jahren arbeitet er in der Mine. Mario ist 39 und hat den Schacht von seinem Vater geerbt. Er ist der Verantwortliche hier und der älteste. In der Mine angefangen hat er im Alter von acht Jahren. Später begegnen mir Kinder, die nicht älter als 13 oder 14 Jahre als sind. Kinderarbeit ist zwar auch in Bolivien verboten, dass hier Kinder arbeiten ist aber bekannt, wird nichteinmal versteckt. Je weiter es nach unten geht, desto heisser wird es. Keiner von den Arbeitern trägt Schutzmasken gegen den Staub, wie auch, selbst ich nehme das Tuch vor dem Mund zeitweise ab um besser atmen zu können. Und in der Hitze ist es auch kaum möglich schützende Kleidung zu tragen. Zumal sich kaum einer der mineros diese leisten könnte. Nur einen Helm haben alle, und einen Beutel Koka.

Bis zum Dritten Niveau von 17 gehen wir hinab, es wird enger, durch Spalten im Gestein, durch die ich kaum hindurchkriechen kann ohne den Helm abnehmen zu müssen, Holzrutschen hinab, auf allen vieren durch den Staub. In den Stollen wird das aus dem Berg gesprengte Erz mit dem Hammer zerkleinert. Durch ein Loch in der Decke wird das Gestein dann in grossen Behältern aus alten Autoreifen per Hand hinaufgezogen, direkt darunter im Schacht wird währenddessen der nächste Behälter befüllt. Über wackelige Leitern geht es nach 2 oder 3 Stunden, das Zeitgefühl hat mich längst verlassen wieder nach oben, der Staub, die heisse Luft und die Anstrengung lassen mich kaum atmen. Langsam wird die Luft frischer, der Staub weniger. Ich war nie so froh, Tageslicht und Schneeregen zu sehen.

 

 

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