In Bolivien muss man sich umhören und Zeitung lesen, um zu wissen, wann wo Blockaden sind, in welche Stadt man besser nicht reisen sollte. Also habe ich in Potosí gefragt, was ist Sucre passiert. Antwort: Sucre ist sicher. In der Zeitung: Nichts. Die Leute neben mir im Buis: Sucre ist sicher. Kurz vor Sucre hielt der Bus dann an plötzlich an einer brennenden Blockade an, lies alle aussteigen und drehte um. Also bin ich erst zu Fuss, dann mit dem Taxi in die Stadt, immer auf Umwegen um den Unruhen aus dem Weg zu gehen. Das war vorgestern, als es aussah, als würde es nur einen Tag dauern. Inzwischen ist es der dritte Tag der Unruhen.
Was anfing als Protest gegen die neue Verfassung und als Manifestation für Sucre als vollständige Hauptstadt Boliviens (der Hauptstadtstatus ist geteilt zwischen Sucre und La Paz), entwickelt sich zunehmend zu grösseren Ausschreitungen. Überall auf den Strassen brennen Barrikaden aus Autoreifen, die Polizei versucht mit Tränengas der Lage Herr zu werden, hat aber inzwischen die Stadt verlassen. Eine Polizeistation brennt, fast alles ist geschlossen.
Ich bin mit noch einigen anderen Leuten fast nur im Hostal, manchmal ziehen Schwaden von Tränengas hinein, ansonsten ist es aber sicher hier (das Gebäude war einmal eine Bank). Wir haben uns mit Essen und Wasser eingedeckt und warten ab. Die Stadt kann man sowieso nicht verlassen.
