Seid mal wieder ganz herzlich gegrüßt. Nach eineinhalb Wochen völliger Abgeschiedenheit, gibt’s vieles zu erzählen. Wen das Ganze interessiert, einfach weiterlesen, für die anderen, gibt’s in der Fotogallerie „Kolumbien“ einiges fürs Auge!
Mit Mike und Hillary haben wir letzten Montag in Popayán, wo wir 3 tolle Tage verbrachten, die Rucksäcke gepackt und uns mit dem Bus auf die Abenteuertour nach Tierradentro, einem historischen Ort mitten in wunderbarer Landschaft im Süden Kolumbiens gefreut. Dort haben vor vielen hundert Jahren Ureinwohner unterirdische Gräber angelegt die in den 30er Jahren per Zufall entdeckt wurden. Doch bevor wir diesen wirklich wunderschönen Ort erreichten, durften wir ca. 5 Stunden lang eine wirklich interessante Straße, na ja, bei uns würde man eher sehr schlechter Feldweg dazu sagen, genießen. Schlaglöcher, Erdrutsche, kaputte Brücken, Mittagessen mitten im Nirgendwo in einer Hütte, in der mit Feuer gekocht wurde. Dort gab es Forelle, sehr lecker, eine etwas merkwürdig aussehende Suppe, die lecker war und sehr süßen Kaffee. So gestärkt und endlich kein Druck mehr auf der Blase (leider kein Klo an Bord) gings weiter nach Tierradentro. Die Landschaft ist wirklich einmalig schön, weiche Formen, bewachsene Berge, tiefhängende Wolken, kleine Dörfchen, abgeschnitten vom Rest der Welt und wir mittendrin.
Als wir dann endlich ankamen, waren wir gut durchmassiert und fanden gleich eine ganz tolle Unterkunft in der wir für 1 Euro die Nacht campen konnten. Die Besitzer, ein wirklich nettes Pärchen, er 84 und sie auch ned jünger, empfingen uns mit frisch gepresstem Orangensaft. Ganz nette Leute! Prompt unsere Zelte aufgebaut und unser Abendessen bestellt, denn dieser Ort empfängt so wenige Touristen, dass die Restaurants nicht vorbereitet sind! Also unser Essen bestellt und im Shop gegenüber, der „Super Jugo“ heißt leckere Fruchtsäfte genossen (Maracuya, Papaya, Limon,...) Ihr könnt Euch gar ned vorstellen wie lecker so ein frischer Fruchtshake schmeckt. Mein Favorit ist Mango oder Guanabana mit Milch! Und das Ganze kostet nicht einmal einen Euro! Abends gabs dann Fisch und Pommes für alle. War annehmbar und hat den Hunger gestillt. Geschlafen habe ich gut in meinem tollen Zelt.
Morgens haben wir uns mit einem leckeren Batido (Fruchtshake) gestärkt und sind dann los zu den Gräbern. Vorher wurden wir noch durch ein Museum geführt, welches leider nur teilweise im Stande war uns etwas über die Gräber oder ihre Geschichte näherzubringen. Das ist leider sehr häufig mit der Geschichte Südamerikas der Fall. Sehr viele Dinge sind entweder nur Vermutungen oder einfach nur Ideen der Archäologen, da oftmals Überlieferungen oder Informationen fehlen. Die erste Gräberstätte erreichten wir nach ca. 20 Minuten Fußmarsch. Es ist die größte aller 5 Stätten mit 30 Gräbern, die zwischen 2 und 6 Meter tief in der Erde angelegt sind. Ein netter Guide hat uns dann nach und nach sämtliche Gräber aufgeschlossen und auf relativ einfachen Treppen gings dann hinunter.
Teilweise waren die Räume sehr groß, mit Säulen und in einzelnen Gräber gab es sogar noch gut erhaltene Wandmalereien. Die Leute wurden hier entweder einzeln bestattet oder es waren Sammelgräber in denen viele Urnen mit Asche gefunden wurde. Es war schon sehr faszinierend.
Und toll an der Sache war, dass uns kein anderer Touri störte oder man sich anstellen musste, wie es teilweise in anderen Touriplätzen der Fall ist. Nach ca. 1,5 Stunden waren wir mit der ersten Stätte fertig und machten uns auf die anderen beiden Stätten bis zum Dorf zu erkunden. Es war irgendwie eine ganz tolle Stimmung in den Grabstätten, nicht unheimlich wie bei uns auf den Friedhöfen. Marcel, ein Schweizer den wir auf der Fahrt nach Tierradentro kennen gelernt hatten und der auch in der selben Hostel schlief meinte sogar, dass er sich vorstellen könnte hier zu übernachten. Gegen 14 Uhr kamen wir dann in San Andrés, dem Ort ca. 2km oberhalb unserer Herberge an und aßen zu Mittag. Frisch gestärkt gingen wir dann zur Stätte Nummer vier, genossen die anscheinend schönsten Wandmalereien in ganz Tierradentro und beschlossen Stätte fünf morgen in Angriff zu nehmen, da uns leider ca. 800m Höhenunterschied trennte. Und wir hatten keine Lust im Dunkeln den Abstieg zu wagen. Ziemlich fertig genoss ich dann eine Siesta im Zelt und abends liefen wir dann in das Restaurant in dem wir zu Mittag gegessen hatten. Hinzus gings 2km bergauf rückzus dafür bergab. Leider war die Nacht relativ kurz, da wir planten früh aufzustehen um auf den Berg zu kraxeln, die Gräber anzuschauen, absteigen um danach den 13 Uhr Bus nach La Plata zu ergattern. Batido und los gings ca. 1,5 Stunden lang die erste Zeit steil bergauf. Nach schweißtreibenden Minuten oben angekommen, genossen wir erstmal den atemberaubenden Rundumblick auf die Berge und anschließend stiegen wir mal wieder hinab in das „Reich der Toten“.
Die Gräber hier oben unterschieden sich doch etwas von den unten im Tal. Der Abstieg durch Kaffeeplantagen, vorbei an Limonen- und Orangenbäumen war dann doch sehr anstrengend. Mike fand dann glücklicherweise eine Abkürzung. Trotzdem kamen wir auf dem Zahnfleisch an der Herberge an! Erstmal wieder einen Batido um Kräfte zu sammeln und danach fassten wir dann den Entschluss erst morgen zu fahren. Den restlichen Tag haben wir mit Faulenzen und Essen verbracht.
Morgens haben wir unsere Zelte abgebaut, Batido getrunken und auf der Ladefläche eines Pick Up's eine Freifahrt zu einer Kreuzung genossen, an der Busse nach La Plata vorbei fuhren. Aufgefallen ist uns dort eine hohe Militärpräsenz. Denn an diesem Tag wurde in dem kleinen Örtchen ein Hotel eröffnet und dazu wurde der Kulturminister und der Gouverneur erwartet, und zu ihrem Schutz das Militäraufgebot. Viele Ureinwohner versammelten sich auch an diesem Ort, was eine komische Spannung aufkommen ließ, vor allem als die Einwohner die Straße nach Tierradentro sperrten. Marcel fand dann heraus, dass sie nicht wollten, dass das Militär ihr Gebiet betreten solle und sie die 2 Politiker selbst beschützen wollten, da FARC (Guerilliakrieger) in diesem Gebiet immer noch aktiv ist. Na ja irgendwann kam dann eine Fahrgelegenheit Richtung La Plata, die uns etwas später an einer, von einem Erdbeben zerstörten Brücke absetzte. Über eine provisorische Fußgängerbrücke gings dann auf die andere Seite und von dort aus auf der Ladefläche eines LKW's nach La Plata.
Wow das war echt spitze. Schaut Euch diesen Clip an! Das hat echt Spaß gemacht, wenn's auch gehoppelt hat und der Fahrer echt nen Bleifuß hatte. In La Plata zu mittag gegessen und mit nem Lieferwagentaxi ca. 3 Stunden nach Pitalito gefahren. Toll daran war, dass wir auf der Ladefläche so zugestaubt wurden, dass es nur so staubte als ich danach meine Hose ausklopfte. Das letzte Stück zu unserem heutigen Ziel San Augustín legten wir dann komfortabel in einem Taxi zurück, dessen Fahrer jede Frau und jedes Mädchen, an dem wir vorbei fuhren anhupte. Dieser Fahrer hat mich mal wieder echt Nerven gekostet, denn der ausgemachte Fahrpreis pro Person waren 5000 Pesos und in Pitalito sagte er uns noch, dass er uns in unsere Unterkunft fahren würde. Doch in San Augustín angekommen, erster Eindruck, Tourihochburg, meinte er dann uns erklären zu müssen, dass die 5000 Pesos pro Person nur bis Ortsmitte sind und die Fahrt zum Hostel noch 3000 extra kosten würde. Nach einer verbalen Auseinandersetzung und einer gefühlten Kälte von -15 Grad im Taxi fuhr er uns dann für umsonst zur gewünschten Adresse, um aber zuvor noch an einer Touriagentur anzuhalten, die uns verkaufen wollten, dass der Campingplatz den wir ausgesucht hatten zu überteuert sei und sie einen besseren hätten. Und übrigens hätten sie auch Touren im Angebot. NEIN DANKE!!! Als wir uns vom tollen Taxifahrer verabschiedet hatten, beschlossen wir mit Marcel zusammen in die Hostel „El Maco“ zu gehen, die neben dem Campingplatz war, da er keine Campingausrüstung dabei hatte.
Also 10 Minuten Fußmarsch steil bergauf, angekommen, Preisverhandlung und Zelt aufgebaut. Die wollten 10000 Pesos pro Person haben, das ist hier ein Wucherpreis (ca. 3,50 Euro). In Tierraentro bezahlten wir 1 Euro. Bezahlt haben wir dann 8000 pro Person. Doch es kam noch besser! Da sich die Unterkunft öko-Finca nannte, gab es Hühner, Hähne und Hunde, die sich sehr gerne bei unseren Zelten aufhielten und wenn man nicht aufpasste auch drinnen. So bat ich doch sehr freundlich die Hunde in dem doch sehr großen Garten des Besitzers zu lassen der komplett umzäunt war. Na ja nach einiger Zeit waren sie wieder da. Ich bat nochmals freundlich, aber irgendwie schien den Besitzern das völlig egal zu sein. Die ganze Unterkunft war auch sehr sehr „persönlich“. Wenn man etwas brauchte musste man eine Klingel betätigen und darauf warten, dass jemand aus dem Haus kommt, um einen zu helfen. Vorgestellt oder begrüßt hat sich uns gegenüber niemand. Und das Schlimmste kommt noch, denn nachts fingen diese Hunde dann noch an ununterbrochen zu bellen und die Hähne fühlten sich dann eingeladen noch mit zu krähen. AHHH!!! Morgens sind dann Hillary und ich auf den Markt gegangen um Dinge für Frühstück und Abendessen zu kaufen, da wir nicht noch mehr Geld in dieser doch so tollen Unterkunft liegen lassen müssen. Die Zelte gut zugemacht und los gings zum nächsten archäologischen Highlight der Region, zu großen Steinfiguren die man hier im Wald entdeckt hatte. Der Park war wirklich schön angelegt und die Figuren ganz toll.
Leider wieder wenig Information von wem sie sind oder welchen Zweck sie erfüllten. Egal toll waren sie trotzdem. Nach dem Abendessen sind wir relativ früh zu Bett gegangen. Ich bat nochmals darum die Hunde anzuleinen. Doch nach ca. 2 Stunden ging es wieder los und plötzlich hörte ich Mike schreien: „Perros shut up!“ was soviel heißt wie „Hunde haltet euer Maul!“. Sie taten es nicht und so sah ich Mike wutentbrannt zur Klingel laufen, lauthals schreiend: „Fucking perros locos!“ (Fucking verrückte Hunde!) oder „Bullshit!“ (Bullen-A-A). Ich glaube die Frau ist ganz schön erschrocken als sie Mike so gesehen hatte. Aber es hat gewirkt. Die Nacht war ok. Morgens gefrühstückt, bezahlt und abgereist. Mit dem Bus gings dann von Pitalito nach Coconuco einem Ort mit heißen Quellen, die wir nach dem Stress echt brauchten. Doch zuvor genossen wir noch eine Busfahrt der besonderen Art. Plattfuß, übervoller Bus, keine Toilette, sehr schlechter Feldweg, Panzer auf der Strecke gesehen und es wurde doch merklich kühler, da wir auf 2500m hinauffuhren. In Coconuco angekommen, Hotel gesucht, gegessen und geschlafen. Nach dem Frühstück (Steak und Spiegelei) sind wir dann mit dem Motorradtaxi zu den Quellen gefahren und haben das teilweise wirklich sehr heiße, schwefelhaltige, nach vefaulten Eier riechende, Thermalwasser genossen. In meinem Reiseführer steht, dass man in einem Pool ein Ei in 5 Minuten kochen könnte, und das stimmte sogar. Nachmittags kamen wir dann in total siffigen Klamotten und nach verfaulten Eier riechend in Popayán an, duschten uns ausgiebig und gingen essen.
Es waren wirklich tolle Tage, die ich echt genossen habe und gesehen haben wir auch wieder sehr viel. Morgen geht’s weiter in die Zona Cafetera, da kommt der berühmte kolumbianische Kaffee her. Seid gespannt, ich bin's zumindest. Machts gut und bis zum nächsten Mal!
Euer Steffen