Sodele nach langer
Internetabstinenz (lag nicht an mir, sondern an der „idyllischen“ Gegend)
gibt’s mal wieder Neuigkeiten vom Weltenbummler.
Nachdem wir Rio
Tranquilo nach einer Nacht wieder verlassen wollten, der Bus aber total überfüllt
war, durften wir noch eine Nacht länger in der wirklich tollen Unterkunft
übernachten. Abends gab's Hähnchen und hausgemachten schwäbischen
Kartoffelsalat und zum verdauen einen leckere Pisco Sauer, das Nationalgetränk
der Chilenen.
Mit einem ganz tollen
Bus gings dann am nächsten Tag weiter nach Cerro Castillo, einem Dorf das zu
Fuße des Cerro Castillo Massivs liegt. Ich schätze ca. 300 Einwohner. Dort gibt
es außer einem 4 Tage Trek und uralten Handabdrücken, angeblich aus der
Steinzeit nichts zu sehen. Die 2 Amis Mike und Hillary entschieden sich den
Trek zu machen und meine britische Mitreisende Fay und ich fuhren am nächsten
Tag weiter nach Coihaique, der größten Stadt im chil. Teil Patagoniens. Wir
kamen zwar sehr früh an, doch leider fuhr der Bus nach Puyuhuapi erst am
nächsten Tag! Na ja genossen haben wir den unfreiwilligen Aufenthalt trotzdem,
da es nach einer Woche Einöde und nur Fleisch endlich einmal einen Supermarkt
gab der Obst und Gemüse verkaufte! Mittagessen: Obstssalat & Joghurt Abendessen:
gemischter Salat mit leckerem Brot! Welch Abwechslung! Hier bin ich auch zum
ersten Mal wieder dem Shoppingrausch verfallen und hab mir für ca. 5 Euro zwei
T-Shirts gekauft! Ja ja ich weiß Schade über mich!
Am nächsten Tag
stand uns eine 7 stündige Busfahrt bevor, die aber zu unserer Überraschung
einiges zu bieten hatte. Ein toller Busfahrer, der auf Wunsch für uns anhielt
um Fotos zu schießen, eine Fahrt durch dicht bewachsenen Wald, eine tolle Fahrt
über einen Paß und schließlich einem Fjord entlang wo wir Delfine sahen. Dann
sind wir in Puyuhuapi angekommen, einem Dorf das vor 70 Jahren von
Sudetendeutschen gegründet wurde und indem bis heute die Nachfahren deutsch
sprechen. Zu sehen gab es dort nicht viel, es war aber sehr schön einfach in
das Café Rossbach zu gehen und einen Himbeerkuchen zu essen. Abends gingen wir
dann in die Sporthalle und schauten den Einwohnern beim Basketball zu, inkl.
einer Schlägerei zweier Basketballspielerinnen! Die heißen Quellen, die es in
diesem Ort auch gibt, waren uns schlicht und einfach zu teuer (ca. 45 Euro).
Weiter ging dann die Reise der Caretera Autral in Richtung Norden folgend nach
Villa Santa Lucia, einem Zwischenstop, da es keine direkten Busse nach Chaitén
gibt, von wo aus und die Fähre dann nach Chiloe bringen soll. Santa Lucia war
nicht der Rede wert außer dass uns die doofe Hostelinhaberin anlog, was den Bus
am darauffolgenden Tag betraf. Sie sagte uns, dass um 7 Uhr morgens ein Bus
nach Chaitén fahre. 2 Franzosen, chil. Ehepaar mit Kleinkind und wir beide
warteten leider vergeblich auf diesen Bus und plötzlich bot uns ihr Ehemann an,
4 Personen mit deinem Auto nach Chaitén zu fahren für 30.000 Pesos (ca. 45
Euro). Wie ließen den Franzosen und den Chilenen den Vortritt und trampten, was
nach 10 Min. Wartezeit erfolgreich war. Das zweite Auto hielt an und nahm uns
bis nach Chaitén mit! Für umme!
Zu Chaitén gibt es
nun einiges zu berichten. Am 12. Mai 2008 brach der nur 6km entfernte Vulkan,
zu dessen Füßen die Stadt liegt aus. Die Lava floß zwar zur anderen Seite ab,
doch die 30km hohe Aschewolke setzte sich überall in dieser Stadt und in den
herumliegenden Wäldern ab. Laut Angaben der Bewohner der Stadt war die Asche
bis im südlichen Brasilien zu finden. 15 Tage nach Ausbruch fing es an, stark
zu regnen und es entstand eine fürchterliche Schlammlawine, die den Ort
komplett überspülte und zerstörte. Im August durften sich die Bewohner dann zum
ersten Mal anschauen was von Ihrem Ort und Ihren Häusern übrig geblieben ist!
Der Schlamm ist durchschnittlich 1,5m hoch und hat ganze Häuser zerstört, weg
gespült, und vieles unter sich begraben. Siehe hierzu auch die Bilder! Das
Schlimme an dieser Tragödie ist nun, dass die chil. Regierung anstatt den
Bürgern zu helfen, die Wasser- und Stromversorgung abgebrochen hat und die
Bürger in Ihrem Elend alleine läßt. Jede Familie die freiwillig den Ort verließ
bekam umgerechnet ca. 1000 Euro um sich an anderer Stelle eine neue Existenz
aufzubauen. Von den ehemals 7000 Einwohnern sind nur noch 80 übrig, die es
unter diesen widrigen Bedingungen in ihrer Heimatstadt immer noch aushalten.
Kein Strom, kein fließend Wasser (das Bachwasser ist wegen des Vulkans mit
Schwermetallen vergiftet), keine Schule, keine ärztliche Versorgung (das
nächste Krankenhaus ist 8 Stunden mit der Fähre entfernt, und die fährt nur 3x
wöchentlich), kein Telefon und auch keinerlei Hilfe vom Staat. Überall sieht
man Häuser in denen hüfthoch der Schlamm steht, die Straßen sind gerade so
freigemacht. Am schlimmsten hat es die Häuser getroffen die direkt am Flussufer
standen. Entweder sie sind gar nicht mehr
da, oder es schaut nur noch das Dach aus dem Schlamm hervor. Gestern
haben die Bürger zum ersten Mal eine Demo veranstaltet und sind mit Ihren Autos
und einem TV-Team laut hupend durch die zerstörte Stadt gefahren. Wir natürlich
mittendrin auf der Ladefläche eines Pick Up's. Natürlich helfen wir fleißig mit
unser Nutzwasser, welches von der Feuerwehr in großen Tanks angeliefert wird in
Kanister abzufüllen und in die Herberge zu tragen. Ende März sollen dann noch
die letzten Einwohner zwangsgeräumt werden. Eine Hilfe von Staatsseite ist
nicht zu erkennen und wird es auch sicherlich nicht geben.
Morgen geht unsere
Fähre dann um 10 Uhr nach Chiloe einer Insel mit sehr alter Kultur, kleinen
Holzkirchen, Hexenhäuschen und anderen interessanten Dinge! Von dort aus dann
wieder mehr Infos. Ich hoffe Euch zu Hause geht es allen gut, seid mal alle
ganz lieb gedrückt.
Steffen