Nimbin - Allein unter Kiffern
AUSTRALIA | Thursday, 4 October 2007 | Views [23182] | Comments [3]
Ein lebendiges Museum, mit Bweohnern in den Hinterraeumen.
Hallo an alle, die ueber zwei Augen, Internetzugang und genuegend Zeit verfuegen um meine Reise in Australien weiter zu verfolgen.
Wieder einmal ergaben sich einige Ueberraschungen und spontane Planaenderungen, die diese Reise fuer mich so spannend machen.
Am Samstagabend stieg ich also mit Ruth von Byron Bay aus zum Leuchtturm auf dem Cape Byron hoch. Hierbei handelt es sich, wie uns ein grosses Schild infotmierte, um den oestlichsten Puntk Australiens. Diesen direkten Hinweis und die wenig spektakualere Aussicht von unten liessen mich befuerchten, dass es sich beim Cape Byron um einen jener Orte handele, die nur wegen ihrer geographischen Lage beruehmt sind.
Wiedereinmal lag ich mit meinen Vorahnungen praechtig daneben.
Der gut ausgebaute Holzweg zum Cape fuehrte vorbei an Steilkuesten ueber die Sandbuchten von Byron Bay mit spektakulaeren Aussichten. Wellen schienen wie in Zeitlupe ineinanderlaufend an die Kueste zu schlagen; Mount Warning und die umliegenden Berge des Nationalparks gluehten in der sinkenden Abendsonne. Es war ein atemberaubendes Erlebnis.
Nach Sonnenuntergang dann eine weitere Ueberraschung im Internetshop.
Philippe von der Rohkostfarm in Lillian Rock hatte mir geschrieben, dass ich statt Sonntag leider erst Mittwoch kommen koenne. Das kam mir gar nicht ungelegen. Ich schnappte mir meinen Lonely Planet East Coast Australia (Reisefuehrer) und ueberlegte, wohin ich denn als naechstes fahren koennte.
Letztendlich entschloss ich mich dazu, meinem neuen ZimmermitbewohnER zu folgen. Mark, 22, hatte gerade seine Ausbildung zum Elektroniker beendet, ein Jahr gearbeitet und wollte nun sein verdientes Geld auf einer einjaehrigen Weltreise sinnvoll investieren.
Unser Reiseziel war das 40km entfernte Nimbin, dem Amsterdam Australiens, wie ich spaeter herausfinden sollte. Der Reisefuehrer informierte lediglich ueber Nimbin als das alternative Zentrum auf dem Kontinent, das in den 70ern als Basis des Vietnamkriegs-Widerstandes dinete. Auch heute sei die Stadt noch sehr alternativ gepraegt und einen Aufenthalt wert.
Klar, das klang gut. Der Bayer (Mark) und ich wurden denn also am Sonntagmorgen von einem Tagesausflugsbus abgeholt und kauften unser Ticket One-Way nach Nimbin. Der Busfahrer war ein Hippie gegen Ende dreissig, der seine Passagiere mit Jonglieren und derben neuseelandfeindlichen Witzen unterhielt.
Er beeindruckte mich maechtig. Jimmie, so sein Name, hatte zwar einen einfachen Job, der prinzipiell jeden Tag aehnlich gestaltet und nicht allzuviel Einkommen bringt., aber das schien ihn nicht im geringsten zu stoeren, im Gegenteil. Er war praktisch die ganze Zeit am Lachen, sah sich weniger als Busfahrer sondern eher als Tourguide und Entertainer und schien sein Leben in vollen Zuegen zu geniessen. Diese Lebenseinstellung findet man hier unten haeufiger. Statt sich zu beschweren und zu neiden akzeptieren hier viele Menschen ihre Rolle und machen mit einem Laecheln das Beste aus ihrer Situation. Das ist bewundernswert.
Auf der Fahrt nach Nimbin hielten wir nebenbei noch an einem 100m – Wasserfall an, von dem aus man eine wunderbare Sicht von oben auf den subtropischen Urwald der Region hat. Klar wurde mir hier eins: Australien hat unzaehlige Naturwunder zu bieten, von denen jedes einzelne in Europa DAS Highlight waere. Hier unten ist so ein Wasserfall mit einer netten Aussicht nur ein Punkt von vielen.
Kurz vor Nimbin hielten wir noch einmal an. Der Busfahrer durfte im Namen der Regierung von New South Wales eine Ansprache halten. Wir wurden gewarnt, dass in ALLEN Teilen von NSW Drogenkonsum, -besitz oder – handel unter Strafe stehe, die langfristigen Folgen von Marijuana unterschaetzt werden (der Busfahrer erzaehlte staendig von seinem Hirnschaden :-S) und dass jeder uns auf der Strasse angebotene Cookie mit Sicherheit ein paar Extrazutaten enthalte. Und wenn wir dann zuviel gekifft haetten, so schloss der Busfahrer seine Rede, dann helfe ein Glass frisch gepresster Orangensaft.
Langsam wurde mir klar, warum die Ausfluege nach Nimbin so gut wie immer ausgebucht werden.
Nimbin erfuellte dann aber auch jedes Klischee, dass man gegenueber einem Hippiedorf haben kann. Das 400-Seelen-Dorf wird von einer einzigen Hauptstrasse durchzogen; links und rechts reihen sich die bunten Gebaeude mit kunterbunten Schildern davor aneinander. Man sieht alternative Klamotten, zwei Biolaeden, einige Kunstgalerien und nauerlich die oertlichen Lokale, in denen man hinter der Hintertuer besseres Kraut als in Amsterdam kaufen kann. Denn, so sagte man mir, damit der Hanf in Holland waechst, muss viel Chemie verwendet werden. Nicht so in NSW. Mit dem 100%-Bio-Joint kann sich auch der letzte Hippie gesundheitsbewusst bei hoher Qualitaet des Krautes seiner Lieblingsbeschaeftigung widmen.
Jimmie der Busfahrer fuhr uns zu unserem Hostel der YHA Nimbin Rox. Hier waehlten wir statt den Schlafsaelen lieber unser eigenes grosses Indianerzelt, ein Tipii, von dem man aus einen perfekten Blick ueber die gruene Bergwelt rundherum hatte. Ich wiederhole mich: Ich hatte nichts dergleichen erwartet, aber die Aussicht, die Luft und die Atmosphaere waren genial.
Es ist wohl kaum noetig zu erklaeren, warum mein bayerischer Mitburerger u.a. nach Nimbin gekommen war. Am ersten Abend sassen wir auf unserer Zeltterasse, hatten Abendessen gehabt und Mark goennte sich eine gute Dosis Marihuana. Dann stand er auf, um Wasser aus dem Zelt zu holen. Auf halbem Weg hielt er an und rief: “Uiuiui, hahaha, ich seh nicht recht, da steht ein Kaenguru vor dem Zelt!!” Ich nahm die Sache total ernst und fragte ihn: “Soso, ein Kaenguru … ist es rosa oder blau??” Mark konnte mich aber ueberreden und ich kam zu ihm herueber. HUPPS!!! Da stand tatsaechlig ein leibhaftiges Kaenguru. Na gut, es war kein riesengrosses, sondern ein kleines. Diese Wallabies, wie sie auch genannt werden, sind aufgerichte ungefaehr 1,50m gross.
Jetzt war ich wirklich in Australien angekommen.
In den kommenden Tagen sah ich noch einige von diesen Tieren.
Das Hostel selbst war sehr luxerioes, mit Swimmingpool und topmodernen Gemeinschaftsraeumen und Aussenterasse.
Das schoene in Australien: Wer eine Woche oder laenger bleibt, kann in den meisten Orten Hostels finden, die gegen zwei Stunden taeglicher Arbeitsleistung ein Bett zur Verfuegung stellen. Leider wusste ich, dass ich nur drei Naechte bleiben konnte. Aber Mark konnte das Angebot nutzen.
Abends sassen im Hostel am langen Tisch auf der Terasse die meisten Hostelbewohner zusammen. Ausser mir war JEDER restlos zugekifft, weshalb eine sehr beruhigte Atmosphaere herrschte. Man spielte mehr oder weniger unterhaltsame Spiele, hoerte mehr oder weniger unterhaltsame Abenteuer aus dem Backpackerleben waehrend zwei bis drei Joints kreisten. Selbst habe ich natuerlich nicht gekifft, aber der staendige Haschdunst um mich herum hat auch mich in eine aeusserst entspannte Stimmung versetzt.
Was ich sonst in Nimbin gelernt habe? Es braucht nicht viel, um das Leben zu geniessen. Ich ging taeglich zweimal ins Dorf, um mir Nahrung zu beschaffen, sah mir die tollen Museen, Kunstgalerien und Hanflegalisierungskampagnen an. Ansonsten uebte ich mich, in der Nimbin-Atmosphaere badend, im Nichtstun. Das ist gar nicht so leicht. Mit ein viel Entspannung schaffte ich es aber, es allen anderen gleich zu tun und packte mich 3 Stunden in die Haengematte ohne irgendetwas zu tun, nicht einmal geschlafen habe ich. Und mein Schritttempo passte ich dem oertlichen Tempo an, soll heissen ich senkte meine Geschwindigkeit um mehr als die Haelfte.
Der Regierung von NSW ist das Gekiffe selbstverstaendlich ein Dorn im Auge. Unter dem Vorwand, dass es in dem kleinen Dorf zunehmende Gewalt gaebe, wurden in der einzigen richtigen Strasse 6 Ueberwachungskameras installiert, Gesamtkosten AUD 40,000.
Reaktion der oertlichen Bevoelkerung: Das Hasch wird jetzt nur noch im Laden verkauft und Besucher werden mit Karten, auf denen die Kameras eingezeichnet sind, gewarnt.
Am heutigen Mittwoch holte mich Philippe um 2pm in Nimbin ab. Wir fuhren zu einer Farm irgendwo in der Naehe des Minidorfes Lillian Rock. Hier leben in einer Art Gemeinschaft (aber schon in Haeusern getrennt) zeitweilig bis zu 6 Rohkoestler, die gemeinsam in landschaftlich reizvoller Umgebung einen Gemuese- und Fruchtgarten bewirtschaften.
Heute habe ich schon gelernt, wie man im biologischen Anbau Duengen und geschickt Baeume pflegen kann und habe die exzellenten verfuegbaren Produkte ausprobiert.
Hier werde ich aller Voraussicht nach zwei Wochen bleiben und dann meinen Weg nach Sydney finden. Fuer das Ouback werde ich wohl kaum Zeit finden, auch wenn es reizvoll waere.
Bis demnaechst
PEACE
Thomas
Tags: Relaxation