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Thailaendische Provinz 2 - Help Teacher in Kham Khuen Kaeo

THAILAND | Saturday, 8 September 2007 | Views [713]

Die Blaskapelle in der Schule, die jeden Morgen in grauenhaft falscher Weise die Nationalhymne quaelte.

Die Blaskapelle in der Schule, die jeden Morgen in grauenhaft falscher Weise die Nationalhymne quaelte.

Hallo zusammen,

weiter gehts im Erfahrungsbericht aus der thailaendischen Provinz.

Ich werde damit beginnen, Euch einen den SEHR ungewoehnlichen Ablauf eines thailaendischen Schultages zu beschreiben.

Die meistem Schueler der Schule trudeln so zwischen 7.30 Uhr und 7.40 auf dem Schulgelaende ein. Gegen 7.40 Uhr dudelt ueber die Schullautsprecher der School-Song in Dauerschleife. Einer groben Uebersetzung zufolge, soll der Text wohl nach dem Motto 'Wir kommen zur Schule, weil wir lernen im Leben weiterkommen wollen.' Ich nehme aber an, dass man mir nur eine entschaerfte Uebersetzung des eigentlichen Textes uebermittelte, da ich mich bereits zuvor von den sehr militaerisch anmutenden Ritualen der Schule entsetzt zeigte.

Gegen 7.50 stehen alle Schueler in Reih und Glied nach Klassen geordnet, zweitausend Personen auf dem Sportfeld des Schulhofes. Der Direktor marschiert aufs Podium. Er sagt ein paar kurze Saetze auf thai, dann gibt er zackige Befehle, die Schueler drehen sich in 90-Grad-Drehungen um die eigene Achse. Disziplin steht hier ganz oben. Die schuleigene Blaskapelle marschiert auf. Die thailaendische Hymne wird angestimmt, mit schmerzhaften verfehlten Toenen. Alle singen mit. Nur der Farang, der sich hinter der Palme versteckt und die ganze Zeremonie undercover filmt, singt nicht mit. Er spricht kein thai.

Nach der Hymne drehen sich alle Schueler um 180 Grad zure schuleigenen Buddhastatue. Ein kurzes Gebet, Stille. Dann faengt der Direktor an, herumzuschnauzen. Jeden Morgen das selbe Thema: Disziplin, Gehorsamkeit und nochmals Disziplin. Die Lehrer hassen diese allmorgendliche Veranstaltung, weil sie auf die Schueler derartig demotivierend und einschlaefern wirkt, dass es schon ein gutes Stueck Arbeit braucht, um das Schulvolk wieder aufzuwecken. Zwischen ihren Schulern stehend, fallen die Lehrer vor allem montags sehr auf, wenn alle knallgelb angezogen sind, der Farbe des thailaendischen Koenigs, mit dem koeniglichen Wappen auf der Brust.

8:30 Uhr beginnt die erste Stunde. Jede Unterrichtsstunde dauert theoretische 60 Minuten, praktisch klingelt es aber nur einmal die Stunde, weshalb die Zwischenpausen variabel sind. Real ist eine Unterrichtsstunde zwischen 30 und 40 Minuten lang. Der Unterricht finden bei zwei sperrangeweitgeoeffneten Tueren an beiden Enden des Raumes statt, alle Raeume zeigen auf den Hof. Die gesamte Fensterfront ist geoeffnet, an der Decke kreisen Ventilatoren in Wahnsinnsgeschwindikeit. Der Unterricht ist staendig und immer von Laerm begleitet. Die meisten Lehrer benutzen daher ein Mikrofon, damit die 40 Schueler in ihrem Raum auch alles verstehen.

Mit einer einstuendigen Mittagspause zieht sich der Unterrichtstag bis 15:30 Uhr, dann stroemen die Schueler aus dem Schulgelaende davon.

Das System ist sehr auf Leistung ausgerichtet, es gibt staendig Noten. Das interessanteste aber: In jeder Jahrgangsstufe werden die Jahrgangsbesten in der sogenannten King-Class zusammengefasst. Am Klassenzimmer steht dann stolz: 'WE ARE 5/9 (oder andere Stufe) KINGCLASS! WELCOME!' Diese Schueler erhalten einmal woechentlich Spezialunterricht von Lehrern, die extra aus Bangkok anreisen. Vom Benehmen her ist auch nicht zu verleugnen, dass in den King-Classes ein hoeheres Niveau herrscht als sonst. Prinzipiell sind die King-Classes weiblich ueberbesetzt. Die Schueler sind maechtig stolz drauf, sich nach dem Koenig nennen zu duerfen.

Einschub: Auch wenn der Koenig in Thailand keine eigentliche Macht hat, so ist er doch psychologisch gesehen die mit Abstand wichtigste Person in Thailand. Die Bevoelkerung mag der Militaerregierung kein Wort glauben, aber was der Koenig sagt, ist fuer viele gesetzesgleich. Es ist verboten, auf Geldscheine zu treten, weil auf denen der Koenig abgebildet ist. Eine der Saetze den mir meine thailaendischen Schueler beibringen wollten: Lang lebe der Koenig. Am Suvabhumi Airport in Bangkok prangt in uebermannsgrossen Lettern nicht etwa WELCOME TO THAILAND sondern LONG LIVE THE KING!

Weiter im Text: Fuer unsere liberalen Verhaeltnisse in Deutschland erschreckend: Den Schuelern wird vorgeschrieben, wie sie ihre Haare zu tragen haben. Maedchen duerfen Haare maximal schulterlanges Haar haben, Jungen kurz. Einige Lehrer haben sogar eine Schere dabei, um laengere Haare zu entfernen. Das Englischkollegium fragte mich, wie das in Deutschland aussieht. Ich erklaerte ihnen, dass es meiner und der allgemein westlichen Ansicht nach absolut nicht die Sache des Lehrers ist, das Aussehen seiner Schueler zu bestimmen oder gar zu veraendern. Dies wurde ebenso wie meine Ausfuehrung der strafrechtlichen Konsequenzen in Deutschland (Haare schneiden wider Willen ist mit Koerperverletzung gleichzusetzen) mit gleichgueltigem Laecheln aufgenommen.

Die Schueler tragen jeden Tag eine andere Uniform, je nach ihren Freizeitaktivitaeten und Vereinen. Montags tragen meist alle die Standarduniform, dienstags sieht mann haeufig die Pfadfinder, mittwochs das thailaendische rote Kreuz, usw ...... . Auffaellig: Donnerstags sieht man massenweise Jungen in Militaeruniformen. Die Erklaerung: In Thailand gibt es zwei Jahre Grundwehrdienst. Das Los entscheidet, wer zur Armee muss. Wer es sich leisten kann, kauft sich sofort unter der Hand frei. Die aermeren haben noch die Moeglichkeit, sich drei Jahre waehrend ihrer endenden Schulzeit als Student Soldier einzutragen. Dann muessen sie einmal woechentlich und alle paar Wochen laenger mit dem Militaer im Dschungel trainieren. Wenn die thailaendische Armee in dieser Zeit Truppen braucht, muessten sich die Student Soldier zur Verfuegung stellen. (Viele Schueler zittern ein wenig, weil Thailand im Buergerkrieg mit dem Moslems an der Suedgrenze viele Truppen verloren hat.) Ausserdem ist ihre Chance, nicht fuer den Militaerdienst gezogen zu werden, dann hoeher.

Dann klappte mir mal wieder die Kinnlade herunter: Durchs Schulhaus marschierten insgesamt ungefaehr 30 Maenner mit Makeup, verlangerten Wimpern, gegelten Haaren, rosa Handtaschen. Sie sprachen mit kuenstlich hohen Stimmen und stellten sich mit Maedchennamen in Unterricht vor. Solche Ladyboys, wie sie genannt werden, sind in der thailaendischen Gesellschaft voll akzepiert, sagte man mir. Durch ein paar Fragen habe ich herausbekommen, dass eher die Meinung vorherrscht: 'Ich habe kein Problem mit Transvestiten, solange es nicht meine Kinder sind, die so etwas machen.' Aber es war durchaus beeindruckend zu sehen, dass in diesem disziplinaeren, stark hierarchischem System Thailands, in dem geschiedene Frauen Anerkennungsprobleme haben so eine gewisse Offenheit herrscht.

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Gleich geht's weiter: Meine Aufgaben im Unterricht UND Als Farang in der Provinz BLEIBEN SIE DRAN

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Tags: Culture

 

 

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