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In 99 Tagen um die Welt

s c e n i c hawai'i

USA | Friday, 16 November 2007 | Views [1723]

A L O H A (zum letzten Mal),

hier nun die Fortsetzung meines Berichtes von Big Island.

Am Freitag, dem 8. Oktober stapfte ich also los mit meinem Riesenrucksack, der mittlerweile 62 Pfund wog. Mein erstes Reiseziel war das Doerfchen Volcano, das direkt am Volcano National Park liegt, wo ich zwei Tage verbringen wollte. 

Nach cirka zehn Minuten Fussmarsch fuhr der erste Pick-Up an den Strassenrand und nahm mich mit bis zur Highway-Kreuzung. Dort landete ich einen Volltreffer. Die Dame, die mich zur Kreuzung mitgenommen hatte, war noch nicht weggefahren, als ein mittelgrosser silberner Wagen um die Ecke bog. Ich streckte sofort meinen Daumen aus und der Wagen hielt an. Drinnen sassen, stehend Menschen, schweigend ins Gespraech vertieft; als ein totgeschossner Hase ... ok, ok straight to the point: Der funkelnde Wagen war ein Mietwagen, in dem ein Ehepaar aus Alaska sass, das wohin unterwegs war? Natuerlich! Zum Volcano National Park! Also sparte ich mir bestimmt dreimal Umsteigen. Die beiden waren sogar so nett, dass sie mich wegen meines schweren Gepaecks und des leichten Nieselregens bis vor die Tuer des Hostels fuhren, es vorher sogar noch suchten. Das sparte mir eine weitere Stunde Fussmarsch durch die auesserst weitlaeufigen Ortschaften in den USA.

Im Hostel begruesste mich eine auesserst nette japanische Frau, die das Hostel zusammen mit ihrem Mann leitet. Ich durfte mein Gepaeck abstellen und sollte nach 4:30pm wieder erscheinen, in der Zwischenzeit war leider Daytime-Lockout. Verstaendlich, denn im Hostel wohnte auch die Familie.

Logischerweise ging ich sofort los und stand eine halbe Stunde spaeter am Eingang des Volcano National Parks. Dieser liess dann auch keinen Wunsch mehr offen. Einen weiten Ausblick ueber die rauchende Kaldera des riesigen Areal mit vielen kleinen und drei grossen Kratern. In der Mitte eine riesige Wueste schwarzer Lava, die wie ein vereister Fluss in Formation gegossen war. Dazwischen hawaiianische Urwaelder mit riesigen Farnbaeumen, die Neuseeland locker Konkurrenz machen und eine interessante Vogelwelt.

Kein Wunsch offen? DOCH! Ein Wunsch offen. Ich flitzte zum Visitors Center und erkundigte mich, wo ich denn nun Lava in den Ozean fliessen sehen koenne. Der Ranger erklaerte mir den Sachverhalt mit zynischer Genugtuung: Die Lava floss seit 1984 am einer ganz bestimmten Stelle in den Ozean, an der man dampfende, rotgefaerbte Explosionen wie nirgends sonst auf der Welt beobachten konnte. Nur LEIDER, so fuhr der Ranger fort, hoerte die Lava auf, in den Ozean zu fliessen. Und wann?

L E T Z T E N   M O N A T ! ! ! Na schoen. Nach einem Erdbeben wurde naemlich der Lavastrom vom Vulkan abgetrennt und ein neuer tat sich auf, der Kurs auf die Umgebung meiner Gastfarm machte. Der aktuell aktive Lavastrom ist natuerlich komplett abgesperrt und nur ueber den Helikopter zu bestaunen, der nun aber wirklich gar nicht in mein Budget passt.

Am Freitag-Nachmittag durchlief ich den Kilauea Iki Krater, der 1959 mit brodelnder Lava gefuellt war und noch heute dampft. Durch einen Riesenfarnwald ging ich weiter zur 'Lava Tube', einem ehemaligen Lavaflusshohlraum im Vulkangestein, der heute zu besichtigen ist. 350m dieser Lavaroehre sind unbeleuchtet und duerfen mit Taschenlampe selbst erkundet werden, was ich natuerlich tat. Um die Kaldera des Nationalparks fuehrt eine Ringstrasse, damit auch die Japaner etwas von der amerikanischen Landschaft mitbekommen. Einige anfahrbare Sehenswuerdigkeiten, wie zum Beispiel die 'Lava Tube', sind deshalb periodisch uebervoll. Kaum ist man aber zehn Meter gelaufen, schon steht man praktisch allein auf weiter Flur.

Im Hostel erwartete mich eine nette Ueberraschung: Es war genau ein Gast zuviel im Schlafsaal, naemlich ich, weshalb schnellstens ein Privatzimmer in einen Schlafsaal umgewandelt wurde - und fuer mich allein zur Verfuegung stand. Riesenzimmer fuer mich allein fuer $18 - nicht schlecht, oder?

Am Samstag drehte ich dann eine grosse Tour ueber ungefaher 17 Meilen. Zuerst bewunderte ich die Schwefel-Quellen und rauchenden Erdspalten nahe des Besucherzentrums.

Ich durchlief dann die grosse Kaldera einmal komplett. Eine wirklich magische Atmosphaere, ganz allein den Markern in Form von uebereinandergestapelten Steinen zu folgen, umgeben von einer dampfenden Mordor-artigen Landschaft. Abseits des Pfades war die Oberflaeche der Lava tatsaechlich bruechig. Spaeter warf ich einen Blick in den eindrucksvollen Halema'mua'u-Krater. Ich naeherte mich von der nichtanfahrbaren Seite und musste mit einem Prickeln in den Fingerspitzen feststellen, dass es keinen Zaun gab. Ich sah links und rechts und geradezu die Steilwaende des Kraters und ahnte, dass unter mir genau das gleiche sein muesste. Vorsichtig naeherte ich mich dem Abgrund; das Kitzeln wurde staerker. "Es muss doch etwas geben, dass mich jetzt davor schuetzen wuerde hier herunterzufallen oder zu springen!!" Viel zu deutsch gedacht; es gab NICHTS dergleichen. Also bin ich schnell wieder zurueck auf den Pfad gehuscht.

Zurueck lief ich den Crater Rim Trail durch die Wueste mit herrlichem Panorama ueber den Mauna Loa (4210m) und vorbei an interessanten Lavaformationen. Ein Stueck durch schoenste feuchte Waelder und ich war wieder in Volcano Village.

Sonntagmorgen warf ich nochinal einen schnellen Blick von den Aussichtspunkten in der Naehe des Dorfes auf die nunmehr beste Aussicht dank des klaren Wetters.

Gegen Mittag schnappte ich meine Sachen und stellte mich wiedereinmal an den Highway und trampte nach Hilo, was mein naechstes Reiseziel sein sollte.

In Hilo plante ich, mir die Museen und den beruehmten Farmers' Market anzuschauen. Ausserdem hoffte ich im oertlichen Hostel ein paar motortisierte Reisegefaehrten zu finden, die mit mir andere Teile der Insel erkunden wuerden.

Unfassbar, wie reibungslos auch diesmal wieder alles ablaufen sollte: Ich traf fuenf Minuten nach der Ankunft einen 30-jaehrigen Suedafrikaner namens Matthew, der Geodaesie studiert hatte und gerade eine Auszeit von der Arbeit nahm. Er lebte seit fuenf Jahren aus Sicherheitsgruenden in England, denn in Suedafrika ist es einfach zu gefaehrlich, als weisser Mann mit einem Wagen durch die Gegend zu fahren und das Land zu vermessen. Alle seine Studienkollegen hatten schon einmal die Pistole am Kopf und er hatte keine Lust auf seinen ersten Ueberfall zu warten. Trotzdem bedauerte er sehr, dass ich zur Zeit nicht nach Suedafrika fahren wuerde, denn es sei eines der schoensten Laender auf Erden.

Ausserdem mit von der Partie war Giorgo, ein 60-jaehriger Italiener, der ebenfalls in unserem schicken Schlafsaal uebernachtete. Er war sehr humorvoll und benahm sich wie ein Italiener und war derartig fit mit seinen 60 Jahren, dass es jeden Rentenversicherer in einen Schockzustand versetzt haette.

Am Montag nahmen wir uns ein Auto. Inklusive allem drum und dran kostete das dann $15,55 pppd, was wirklich erschwinglich ist. Meine Aufgabe war die Navigation und die Kontrolle des Fahrers, Matthew. Letzterer fuhr zwar sehr sicher, hatte aber da Problem, das er zum ersten Mal in seinem Leben am eigenen Leibe den Rechtsverkehr zu spueren bekam. Es ging alles gut, nur ein paar mal beim Wenden mussten Giorgo und ich bruellen: "KEEP RIGHT!!!"

Den Vormittag des Montages nutzten wir, um uns die Wasserfaelle in der Naehe von Hilo anzuschauen. Die fanden wir alle ziemlich unspektakulaer. Sie werden in den Reisefuehrern zu sehr hervorgehoben, was die Erwartungen zu sehr nach oben treibt und waren wiedereinmal von japanischen Terrouristen eingenommen. Ausserdem waren wir alle drei schon etwas abgestumpft mit Wasserfaellen.

Wir sollten aber mehr als entschaedigt werden. Am Nachmittag fuhren wir dann mit einigen Fotostops zum Mauna Kea, dem hoechsten Berg DER WELT!!! Ja, ihr habt richtig gelesen, vergesst den Mount Everest, der ist nur der hoechste Gipfel. Der Mauna Kea aber erhebt sich vom Meeresboden bis auf 13,976 Fuss uber NN, was ihn auf eine Gesamthoehe von ueber 30,000 Fuss bringt!! Mit einigen Fotostopps am Highway 200 fuhren wir zum Visitors Center auf 9,000 Fuss. Die Anfahrtsstrecke war schon sehr schoen und war ein Vorgeschmack auf das, was kommen sollte.

Jedem Besucher wird dringend geraten, sich mindestens eine Stunde am Visitors Center aufzuhalten, um sich zu akklimatisieren. Tatsaechlich waren wir so schnell hochgefahren, dass ich schon hier fuer einen kurzen Moment ein Schwindelgefuehl hatte, was aber sofort wieder verschwand.

Wir sahen uns das Sicherheitsvideo an und gingen dann den Trampelpfad zu einer Spitze in der Umgebung. Von hier oben genoss ich den sagenhaftesten Ausblick, den ich bisher im Leben gesehen hatte: Mehrere kleinere und groessere Krater unter uns, der Mauna Loa als zweithoechster Berg mit seinem seicht ansteigenden Profil, das an den Kilimandscharo erinnert direkt vor uns, gruene Wiesen und tropische Waelder zur Kueste hin, auf halber Hoehe eine Wolkenfront, die an einigen Stellen Wasser regnen liess, die Bergwelt des Mauna Kea in allen Rot- und Brauntoenen und und und .... Wir konnten uns nicht satt sehen an diesem Panorama!

Aus Kostengruenden hatten wir natuerlich nur ein normales Auto gemietet. Um auf den Mauna Kea ganz nach oben zu fahren, braucht es aber einen Allradantrieb (4WD). Also nutzten wir die uebliche Strategie: Trampen! Wir fragten sehr lange herum, bis wir schliesslich drei Plaetze in zwei Wagen organisert bekommen hatten. Ich fuhr allein mit einer japanischen Touristengruppe nach oben. Schon die Kulisse waehrend der Auffahrt ist nicht mehr in Worte zu fassen! Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir die Spitze, von der aus wir noch das letzte Stueck bis zum wirklich hoechsten Punkt liefen.

ES WAR WIE IM FILM! Diese Kulisse war nicht mehr steigerbar! Die weissen Observatorien, die wie die Schneefetzen auf dem braunen Gipfel das Licht der untergehenden Sonne orange reflektierten, die wenig spaeter blutrote Sonne, der man beim untergehen mit blossem Auge zu sehen konnte, im gleichen Moment der Schatten des Berges, der sich in Sekundenschnelle ueber den weissen Wolken erhob. Es war, als haetten wir uns nicht in ein Fahrzeug gesetzt, um zum Gipfel zu kommen, sondern als ob wir uns von einem Raumschiff direkt auf einen anderen Planeten gebeamt haetten.

Ich darf sagen, dass diese Fuenf Minuten, wenn sie auch ein wenig stressig waren, wegen der vielen Fotos und dem Hecheln der wenigen Besucher, mit Abstand das genialste Naturerlebnis darstellen, das ich je gehabt habe. Nach Sonnenuntergang standen wir noch weitere fuenf Minuten auf der Spitze und waren gebannt von der Atmosphaere. Auf dem Gipfel war es mit 1C auesserst kalt.

So gar nicht gebannt waren natuerlich die Japaner, denn die standen unter Termindruck. Kein einziger Japaner von vier Reisgruppen hatte sich auf den Gipfel begeben und wenige Sekunden nach Sonnenuntergang waren drei der vier Gruppen schon wieder auf dem Rueckweg. Gott sei Dank sammelte mich die letzte Touristengruppe auf, sodass ich nicht auf dem Gipfel zurueckbleiben musste.

Am Visitor Center wohnten wir dann noch fuer zwei Stunden von 6:45pm einer Starshow bei. Ein Freiwilliger Helfer erlaeuterte viele interessante Geschichten uber den Mauna Kea und benutzte seinen Laserpointer, um den Besuchern die Sternbilder des ueberragenden Sternenhimmels zu praesentieren. Um 8:45pm fuhren wir dann zurueck nach Hilo. Es war auch hoechste Zeit, denn mich plagten Kopfschmerzen von den Hoehenunterschieden und die Temperatur betrug auch nur knappe 10C. Im Tal waren diese dann wie weggeblasen. Es sah schon lustig aus, als wir drei in Winterklamotten unter Palmen ins Hostel einmarschierten.

Am Dienstag nahmen wir gleich nochmal ein Auto, weil die Expedition am Vortag so einen Spass gemacht hatte. Diesmal steuerten wir Waipi'o Valley an, das mit seinen saftigen gruenen Wiesen, Obstbaeumen, riesigen Wasserfaellen und dem schwarzen Sandstrand vor den Steilklippen einen weiteren Hoehepunkt auf der Tour darstellte. Gegen Nachmittag fuhren wir die Straende von Hilo ab, wo uns ein Regenbogen eine fast zu perfekte Fotogelegenheit bot.

Mittwoch flog Giorgo nach Honolulu und Matthew fuhr in den Volcano National Park, den ich ja schon kannte. Ich nutzte meinen letzten Tag auf Hawai'i, um mir die interessanten Museen Hilos anzuschauen. Im Pacific Tsunami Museum lernte ich einiges neues ueber Verhalten bei und Geschichte ueber Tsunamis. Nach einem zweistuendigen Marsch durch die Sonne erreichte ich das Imiloa Center of Astronomy, wo ich mir eine hochinteressante excellente 3D-Filmvorfuehrung ansah ...

Im Schlafsaal traf ich Gott sei Dank einen Oesterreicher, der mit am naechsten Morgen eine Mitfahrmoeglichkeit in seinem Mietwagen zum Flughafen anbot, was mir einen einstuendign Fussmarsch mit 62 Pfund Gepaeck ersparte, denn $17 fuer das Taxi haette ich nicht gezahlt.

Heute morgen hatte der Flug ganz im Sinne der Airline GO! zwei Stunden Verspaetung und ich schaffte es gerade rechtzeitig mit den wahnsinnig hohen Sicherheitsvorkehrungen, meinen Anschlussflug zu erhaschen. Der Landeanflug auf Honolulu war mal wieder irrwitzig mit waghalsigen Manoeuvern, die uns hin- und herschleuderten. Schlimmer noch der Landeanflug bei American Airlines: Kompletter Bodennebel in San Francisco, reinen Vertrauen in die Technik. Aber es ging alles gut.

Mein erster Eindruck des naechtlichen San Francisco: Das ist schon eine heissen Pflaster, mit vielen Obdachlosen und Gaunern. Morgen werde ich die Stadt mal inspizieren und irgendwann in meinen fuenf Tagen noch einen Ausflug zu einem Nationalpark machen.

Bis demnaechst aus Kailfornien

Thomas

Tags: Mountains

 

 

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