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Indonesia

6. Oktober 2007

INDONESIA | Thursday, 11 October 2007 | Views [533]

Pulau Seribu. Tausend Inseln. Mit halb geschlossenen Augen sitze ich im Heck des Motorboots und schaue in die schon um acht Uhr morgens auf die Wasseroberfläche brennende Sonne. Links neben mir schläft ein indonesischer Bootsmann auf Nylon- und Leinentaschen, seine Finger liegen weich über dem Gesicht und zeigen gen Himmel und Sonne. Rechts schläft Agnes, die holländische Klimacampaignerin, mit der ich dieses Mal dem Imperativ des Wochenendes – raus aus Jakarta! – folge. Diesen Imperativ kann man buchen. In Ancol, dem Hafen Jakartas, haben die kleinen Reisebüros begriffen, wie dringend die in Jakarta arbeitenden Ausländer Luft und Sonne zu bedürfen scheinen und verkaufen die tausend kleinen Inseln der Westküste all inclusive am Stück: Überfahrt, Mittag, Kaffee, Abendessen, Übernachtung, Frühstück, Mittag, Überfahrt. Sind das nun meine Bedürfnisse, herzlichen Glückwunsch.

Aber schon zwei Stunden allein vor sich hin übers Wasser stieren, tut wohl. Und dann tauchen die Inseln an den Horizonten auf, die ich immer für Computeranimationen gehalten hatte: weißer Sand, Palmen, blaue Himmel rechts, links, oben, unten. Später wird ein Engländer mit ungünstig gefärbten Haaren und ungünstig kermitgrünem Taucheranzug frenetisch auf eine Wolke zeigen und fünfmal sagen „this ist the first cloud I have seen in weeks“.

Aber da sind wir schon auf Sepa, der letzten und kleinsten der Inseln, die das Motorboot anfährt, und ich habe mich schon fast wieder beruhigt über die Farben, die ein Meer und ein Himmel und ein Strand und die Bäume haben können. Zu Fuß ist man in zwanzig Minuten um die ganze Insel herumgewandert: Palmen, mit roten, grünen und braunen Blättern, getarnte schwarze Vögel, die, wenn sie mit ganz hellem Gesang gen Himmel aufsteigen plötzlich ein strahlend gelbes Gefieder entblößen. Ein herumstapfender Drachen oder zumindest Riesensalamander, kleine Bungalows mit nassen Handtüchern davor. I would not have thought that places like this existed, sage ich zu Agnes, als wir ganz alleine im Sand liegen, die Füße in warmem türkisfarbenem Wasser, maybe as mousepads, but not for real. Weniger aufgeregt und seufzt Agnes nur, dass sie glücklich sei, endlich aus dem Büro raus zu sein und sie es zu schätzen wisse, dass ich nicht von morgens bis abends über Greenpeace reden würde. Aus der ganzen Welt ist mittlerweile die Belegschaft eingeflogen, die bis zur im Dezember in Bali stattfindenden Klimakonferenz ununterbrochen arbeiten wird. I feel almost bad that I am not working, sagt Agnes, but what is the point working in another country if you stay in the stupid office all the time. Sind das die beiden Modelle für im Ausland arbeiten, frage ich mich, entweder rund um die Uhr schuften, weil man ja ohnehin irgendwo auf der Welt sein könnte und bald wieder weg sein wird, höchstens gönnerhaft Bitte und Danke in der Landessprache sagen zu können und zwei Stunden vor Abflug schnell hundert illegal gebrannte DVDs zu kaufen, weil die ja hier so billig sind. Oder am Wochenende Erholung zu kaufen, um die Woche in der brüllenden Stadt bestehen zu können und auch hier das alltägliche Leben verfehlen.

Wir suchen also Muscheln und schneiden uns die Füße auf am Korallenriff, wir machen Photos im Bikini unter Palmen, lesen uns dabei die Wettervorhersagen für Amsterdam und Frankfurt vor und trinken abends nach Stromausfall Bier auf dem Holzsteg. Auf einer kleinen Bühne spielt seit dem Abendessen eine Band, fast allein, denn außer einer Runde wie verrückt Karten spielender Asiaten ist niemand da. Als uns die schöne Sängerin anlacht und zum Tanzen auffordert, schauen wir uns an, trinken den letzten Schluck Bier und tanzen dann mit nackten Füßen auf der gekachelten Fläche. Red, red wine und Baby, light my fire und Azzuro, von den indonesischen Musikern mit Grandezza und doch ganz ernst bewältigt. Zwei Japanerinnen kommen herangetrippelt und zu viert tanzen wir bis auch der Notfallgenerator nicht mehr tut, die schöne Sängerin im Stockdunkeln lacht und sich eine Zigarette ansteckt. Von Palme zu Palme tasten wir uns zu unserem Bungalow, enervierend vorhersehbar schreie ich schon wieder bei der im Licht des Handydisplays im Bad ansichtig werdenden Kakerlake. Salzwasser- und schweißverklebt mit schwarzen Fußsohlen ins Bett.

Tags: On the Road

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