Bei der Jakarta Post angefangen. Das erste Mal seit Jahren, denke ich, in weißem Blüschen aus dem Taxi steigend, dass ich wieder irgendwo anfange. In der Lobby sitzen, von zwei freundlichen Empfangsdamen mit Rosa auf den Wangen angelächelt, und auf diesen Anfang warten. Gänge an neuen Schreibtischen und Gesichtern vorbei. Einen Weg zur Arbeit haben. Neue Hierarchien verstehen, Kantinen, Klos, Kaffeeautomaten suchen. Menschen vorgestellt werden, Namen nachfragen und Namen lernen. Den eigenen Ort erst wieder finden müssen: langsames Hineinarbeiten in neue Zusammenhänge.
Doch es geht ganz schnell. Die Sekretärin Merdy nimmt mich an der Hand – das tut sie nicht, aber es fühlt sich so an, auf dem Weg hinauf - und schon sitze ich im Büro des Chefredakteurs und stammele eine englische Kurzversion meiner Biographie, schon sitzen mir Eilish und Kanis gegenüber, meine beiden Vorgesetzten aus der Features-Redaktion, nach weiteren zehn Minuten habe ich einen Rechercheauftrag – Endangered Languages in Indonesia, Deadline October 28th - und einen ersten Vorschlag für eine Reportage – How non-governmental organizations are getting prepared for the Climate Conference in Bali - gemacht, einen Schreibtisch, einen Computer und eine Telefondurchwahl. Ich betrachte alles, beschließe, nicht zu lange verblüfft zu sein, probiere die Telefondurchwahl des Computer Supports, schließe meinen eigenen Computer an. Sehe zu, wie sich die Website der Jakarta Post auf dem Bildschirm aufbaut. Kucke über den Rand meiner kleinen Arbeitsbox und sehe erst einmal zu, wie die anderen arbeiten.
Die Jakarta Post sitzt in einem riesigen Großraumbüro, das sich über den Tag hinweg immer mehr füllt und erst am Abend zu voller Arbeitsintensität aufläuft. Reporter kommen und gehen, der Mann von der Fotoredaktion rennt durchs Bild, schräg hinter mir sitzt die Sonntagsausgabe, mir gegenüber die Copy Editors. Das sind die australischen und amerikanischen Korrekturleser, die gegen 16:00 wie ein Schwarm in die Redaktion einfallen, die Motorradhelme und ihre zahllosen Takeaway-Tüten um sich herum aufbauen und gleichzeitig anfangen laut zu lachen, zu essen und am Monitor zu lesen. Wohltuende Lese- und Essfreudigkeit überall: aufgeschlagene Zeitungen und Bücherstapel und gigantische Schokoladenkuchen, die, ich weiß nicht von welchem Verehrer der Zeitung, jeden Abend zum Ende des Ramadan auf einer Tischkante aufgetürmt zu werden scheinen. Schokoladenkuchenkaskaden, die es auf zusammengefalteten Papierstößen an den Schreibtisch zu transportieren gilt. Do I have chocolat on my nose, fragt Deanne, die mir gegenübersitzt. Unter solchen Bedingungen lässt es sich arbeiten. Kanis sagt knapp: You can come and go as you like, just let me know in advance, what is your mobile number. Dann ist er verschwunden und überlässt mich meinen Recherchen über aussterbende Sprachen auf Java, Sumatra, Papua und Sulawesi. Ich betrachte meine Ansteckkarte, auf der die momentane Lebenssituation vermerkt ist – The Jakarta Post Karyawan Magang Berlaku Oktober s/d Des. 07 – und mache mich auf den Heimweg, der eineinhalb Stunden dauern und direkt durch die Hölle führen wird. Aber das ist eine andere Geschichte, und die ist schon erzählt worden.