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Alltag Alltag in China (Peking - Shihezi, Xinjiang)

Hunde

CHINA | Thursday, 17 November 2011 | Views [869] | Comments [2]

«Aber da essen sie Hunde!», bekam ich vor der Abreise unter anderem zu hören und das geradezu entrüstet, im «Wie kannst du nur»-Ton. Inzwischen kann ich das bestätigen, also dass in China auch Hundefleisch gegessen wird, ohne allerdings selbst die Erfahrung gemacht zu haben; jedenfalls soviel ich weiss.

Dennoch und selbst auf die Gefahr hin mich tüchtig in die Nesseln zu setzen, konnte ich die Entrüstung nicht ganz nachvollziehen, handelt es sich doch bei der Entscheidung, welche Tiere man schlachtet und isst, um eine gesellschaftliche Übereinkunft, nach der man im Westen Hunde als Begleiter, Freunde und je nachdem Schosstiere betrachtet und sich weitgehend darin einig ist, dass man seine Begleiter, Freunde und Schosstiere nicht aufisst.

In China scheint es aber durchaus möglich zu sein, Hunde einerseits als Fleischlieferanten zu betrachten und andererseits als Gefährten des Menschen, wobei ich hier die ungefähr selbe Tierliebe beobachte wie in Europa. Man spielt mit Hunden, man spricht mit ihnen, sie werden gestreichelt und geknuddelt; manchmal, wenn es sich um Streuner handelt, aber auch mit Fusstritten oder Steinen verjagt.

Und sie werden auf Märkten verkauft, als mehr oder weniger lebendige Tiere. An einem kühlen, grauen, regnerischen Sonntagvormittag war es, als ich in Shihezi einen solchen Markt besuchte, der auf einem Gelände etwas ausserhalb der Stadt regelmässig stattfindet. Dieser Markt wird mir wohl als etwas vom Traurigsten in Erinnerung bleiben, was ich hier gesehen habe. Die grossen und kleinen, teils verwahrlosten Hunde, die hier in Käfigen, auf Dreiradpritschen oder an einem Baum festgebunden auf ihre Käufer warteten; die Männer, die in Gruppen vor den Hunden, Katzen, Tauben, Ziervögeln und –fischen standen und das Angebot tatsächlich in einer Art betrachteten und prüften, als wäre es nur Fleisch.

Einmal sah ich einen Mann, der Welpen verkaufte. Die waren, ein Dutzend etwa, in einer viel zu kleinen Kartonschachtel zusammengepfercht, und jedes Mal wenn eines der arglosen Kleinen Anstalten machte, aus dem Karton heraus über den Rand zu lugen, kriegte es mit dem Handrücken eins auf den Deckel. «Was für ein böser und roher Mensch du doch bist», dachte ich da und heute tut es mir Leid, dass ich dem Mann nicht wenigstens auf Deutsch meine Meinung gesagt habe.

Ob die Hunde dort nun für Haus und Hof oder nur für die Küche bestimmt waren, weiss ich nicht, und auch meine Begleiter konnten das nicht mit Bestimmtheit sagen. Wollen wir hoffen, dass Ersteres zutraf. Und den kühlen Befund von vorhin (den nämlich, dass die Entscheidung Hundefleisch zu essen kulturell und nicht moralisch zu betrachten sei) muss ich vielleicht doch noch einmal überdenken. Aus ganz pragmatischen Gründen. Weil nämlich ein Tier, das nicht nur als Fleisch betrachtet wird, viel bessere Chancen hat einigermassen anständig behandelt zu werden, weil Schlachttiere (weiss Gott nicht nur in China) bekanntlich unter teils miserablen Umständen gehalten werden.

Es soll übrigens ein chinesisches Sprichwort geben, das sagt, man könne jedes Tier essen, dessen Rücken zur Sonne zeige. Aber muss man das auch? Also ich nicht.

 

PS   Die Wahrscheinlichkeit, dass ich unwissentlich Hundefleisch gegessen habe, ist eher gering. Es wird erstens in Südchina bevorzugt und gilt zweitens als Delikatesse und/oder sehr gesund (wärmend). Was natürlich seinen Preis hat und wenigstens mit den Preisen kenne ich mich inzwischen einigermassen aus.

Comments

1

Womit wir bei der Frage wären, ob mensch überhaupt Tiere essen muss.

  Biberkneul Nov 23, 2011 12:58 AM

2

Diese Frage stelle ich mir inzwischen dreimal täglich.

  ollo Nov 23, 2011 3:21 AM

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