Vom 01. bis 05. September fand in Urumqi eine «China-Asia-Europe-Expo»
mit 31 Nationen statt, und da musste ich natürlich hin. Man will als Europäer doch
wissen, wie sich der Kontinent in China darstellt. Nach dieser Messe bleibt nur
ein Schluss: China hat ein gewaltiges Potenzial, Asien ist so lala und Europa
ein armseliger Haufen, der in tristen Messeboxen vollkommen vergebens gegen
seinen Niedergang ankämpft bzw. da und dort halt noch ein schlappes Fähnchen
hochhält.
Frankreich beispielsweise wurde durch keine zehn
Rotweinflaschen repräsentiert (immerhin) und bot auch die Möglichkeit zur
Degustation. Wobei das Gesicht der Chinesin vor mir (die unverhüllten Anzeichen
des Angewidertseins darin, nachdem sie ein Schlückchen aus einem Pappbecher probiert
hatte) interessanter war als der Wein selbst. Deutschland hingegen – ganz
traurig. Zwei kleine Boxen, in einer irgendwas mit Fisch, der ganze Stand aber
Kyrillisch beschriftet und somit sehr unglaubwürdig. Das zweite Abteil wurde
von einer Firma namens «Hedda» eingenommen, die als einziges Plus mit einem
westlich aussehenden Repräsentanten aufzuwarten wusste.
Am allertraurigsten aber stimmte mich der Beitrag der
Schweiz zur ersten «China-Asia-Europe-Expo» in Xinjiang. Was hatte ich mir
nicht alles davon versprochen, in China gewissermassen mein Heimatland zu
besuchen. Dass da freundliche Schweizer wären, die vor Alpenpanoramen einige Luxusuhren
feilböten, Taschenmesser oder andere Präzisionswerkzeuge, dass sie mich zu sich
an den Tisch einlüden, mir frischen Zopf und Kaffee aus einer «Jura»-Maschine
kredenzten und wir dann in trauter Runde ein wenig Schweizerdeutsch miteinander
sprächen, uns darüber verständigten, dass China gross und nicht immer einfach sei.
Stattdessen ein ganz missratener Stand mit sozusagen Kraut
und Rüben. Der zwar thematisch noch leidlich kohärent war (eine Firma Bioreba
(Pflanzendiagnostik), «Bimbosan»-Babynahrung und obskure mechanische Mittel
zur Behandlung von Gott weiss was deuteten auf «Ernährung
und Wohlbefinden» hin), aber so stil-
und lieblos zusammengeschustert war, dass ich mich in Grund und Boden schämte
und dem Wunsch meiner Begleiter, ich möge doch mit einem sehr erschöpft und gar
nicht gesund aussehenden Landsmann (der im Hintergrund an einem kleinen Tisch allein
ein öliges Gericht verdrückte) ein paar Worte wechseln … dass ich ihrer Bitte unmöglich
entsprechen konnte.
PS Nach der Messe hat mich dann etwas beinahe wieder mit dem Tag versöhnt. Es war ein
Fund, den ich in Wahrheit schon tags zuvor im Zentrum Urumqis gemacht hatte,
vom Bus aus aber nicht hatte festhalten können. Diesmal kamen wir zufällig zu
Fuss daran vorbei: an einer Filiale der «SPD
Bank». Das schallende Gelächter meiner
Studenten (als sie verstanden hatten, dass es in Deutschland eine politische
Partei gleichen Namens gibt) erregte dann die Aufmerksamkeit einiger Passanten
und auch die einer Streifenwagenbesatzung, die in der Nähe der Bank anscheinend
ein Mittagspäuschen einlegte. Die Polizisten mögen sich gefragt haben, was an
einer «Shanghai Pudong Development» Bank so witzig ist, sahen sich aber für
einmal nicht genötigt einzugreifen. Glück gehabt.