Seit einer Woche besitze ich ein Fahrrad und geniesse meine
neue Freiheit. Nun sieht man mich in Shihezi über Fahrradwege und Trottoirs
rauschen, wenn es sich nicht vermeiden lässt, auch mal eine Strasse benutzen;
das ist nämlich gefährlich.
Nicht nur wegen der Schlaglöcher, die durchaus auch mal das
Ausmass von Fallgruben annehmen können, wegen lose herumliegenden, den Verkehrsfluss
hemmenden Pflastersteinen (Hindernisse, die nebst besonders bei Nacht tückischen,
unvermittelt auftauchenden Bodenwellen ebenso Fuss- und Fahrradwege unsicher
machen), sondern auch und hauptsächlich wegen der Lastwagen, Busse und Autos,
wobei letztere, wenn es die Situation erfordert, durchaus auch einmal auf Rad-
und Gehwege ausweichen.
Kleinigkeiten (die es allerdings zu beachten gilt) im
Vergleich zu diesem herrlichen Gefühl, auf einem guten Velo zu sitzen und aus
eigener Kraft vorwärts zu kommen, seine Kreise weiter zu ziehen und nicht
zuletzt zu einem unter vielen zu werden. Die Anschaffung eines Fahrrads war
nämlich auch eine Massnahme zu meiner Integration. Ist man doch, so dachte ich
mir, auf einem Rad (und zumal auf einem aus heimischer Produktion bzw.
Distribution) schon beinahe ein Chinese bzw. als Fremder – sofern man nur
schnell genug fährt – kaum zu erkennen. Und ich werde daher für einmal dem Rat meines
fürsorglichen chinesischen Freundes Linkang nicht folgen, der mich dazu bringen
will, mir die Nationalflagge auf den Rücken zu heften und den Autofahrern nebst
allen anderen dadurch zu signalisieren, dass hier ein Laowai fährt, den es zu
achten und schonen gilt, ein Ruishiren überdies (Schweizer), von denen gibt es
sowieso nicht so viele.
Mit der Diebstahlgefahr allerdings, mit der ist nicht zu
spassen. Deshalb nehme ich auch entsprechende Warnungen, die sich oft mit
eindrücklichen Schilderungen der Findigkeit und des Fleisses der hiesigen
Fahrraddiebe verbinden, ernst, so ernst, dass ich mein Rad nachts regelrecht im Keller verstecke und tagsüber sowieso immer zweifach
abschliesse bzw. anbinde, auch und gerade an der Uni, wo meine besorgten
Studenten mir nahe legten, das Fahrrad im Klassenzimmer abzustellen (was ich
aber, nicht zuletzt weil dieses im fünften Stock liegt, nun doch als
übertrieben abtat).
Frage: Wie erkenne ich unter Dutzenden von geparkten Fahrrädern
das meine (wenn es noch nicht gestohlen ist)? – Es ist das mit dem höchsten
Sattel.