In diesem Gebäude der Universität Shihezi (nördlicher
Campus) wird seit dem 07. März 2011, 20.30 Uhr Deutsch unterrichtet. Das hat es
vorher hier herum noch nie gegeben (wozu auch?), weshalb dieses Novum an dieser
Stelle im Stil einer Nachricht förmlich und feierlich angeführt, ja verkündet
wird.
Seit einer Woche also üben sich hier 16 chinesische
Studentinnen und Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen darin, Verben zu
beugen und, seltener, zu strecken, sich die üblichen Fragen zu stellen (woher
kommst du? – wo wohnst du? – wohin gehst du?) und gewichtige Lehrerworte im
Chor nachzusprechen. Vor allem Letzteres geradezu mit Begeisterung, und weil
ich das inzwischen gelernt habe, greife ich hin und wieder auf dieses Mittel
zurück (um ein bisschen Leben in die Bude zu bringen).
Jetzt könnte ich hier ja gewisse Vorstellungen und Klischees
bedienen, die sich auf Schwierigkeiten von Chinesen beim Erlernen der deutschen
Sprache beziehen, auf der in diesem Zusammenhang sehr beliebten Verwechslung,
das heisst, ja eigentlich Ersetzung von „R“ durch „L“ herumreiten usw. Das
lassen wir aber mal schön bleiben. Nicht nur, weil es sich nicht ziemt, seinen
Gastgebern in den Rücken zu fallen und auf ihre Kosten billige Lacher zu
erzielen, sondern auch eingedenk der Tatsache, dass der Lehrer selbst, wiewohl
nun schon seit vier Wochen im Land, den Namen der Stadt, in der er wohnt, noch
immer nicht zur vollständigen Zufriedenheit seiner Schüler auszusprechen
vermag (mit „Schi-chä-dsü“ wäre dieser annähernd, aber dennoch höchst
unzureichend wiedergegeben).
Dass im selben Gebäude, in dem auch unser Unterrichtsraum zu
finden ist, das Herbarium der Universität Shihezi lagert, nehme ich als gutes,
als sehr gutes Zeichen. Statt getrockneter und gepresster Pflanzen stelle man sich nur
besser ein lebendiges Gärtlein vor, das gehegt und gepflegt wird, bewässert und
von einer gutmütigen Sonne beschienen. Auf dass der Sprachgarten wachse und
gedeihe und gegen Ende des Jahres dann in seiner vollen Blüte stehe.