Na ihr da drüben in Übersee, alles klar bei euch?
Ich habe mich sehr über eure vielen schönen Kommentar gefreut und manch einer hat sogar die ein oder andere Träne heraufbeschwört.
Jens und ich sind am Samstagmorgen, nachdem wir uns Freitag schon gegen den Besuch des National Parks entschieden hatten, ganz spontan mit Sack und Pack Richtung Algonquin Provincial Park aufgebrochen. Und Sack und Pack ist hier wortwörtlich gemeint, denn wir hatten von Schlafsack, bis Bettdecke und Wanderrucksack alles dabei, da wir eine eventuelle Übernachtung im Jeep irgendwo in der Wildnis nicht ausschlossen.
Nach ca. 3 Stunden Fahrt auf Hollywood-Film-ähnlichen Highways durch die kanadischen Prärie, unterbrochen von kleinen „Orten“, die nicht gerade durch architektonische Glanzleistung, jedoch durch ein immenses Aufgebot an Fast Food Restaurants und anderen fragwürdigen Attraktionen hervorstachen, kamen wir am Algonquin Provincial Park an. Hier mussten wir zunächst ein Ticket für $14 erwerben, um uns damit die Erlaubnis zu erkaufen, innerhalb des Parks anhalten und den Wagen verlassen zu dürfen. Da das der Hauptgrund ist, weshalb Menschen solche Parks aufsuchen, haben die Kanadier damit eine gute Geschäftsidee „entwickelt“. Der erste Eindruck, den dieser nicht ganz unbekannte Park auf mich machte, war irgendwie nicht so überwältigend, wie ich mir das erhofft hatte. Der Indian Summer, also der Herbst, der wegen der wunderschön bunten Verfärbung der Blätter hier so berühmt ist, war leider schon ziemlich vorbei, und so hatten wir neben den immer-noch-grünen Nadelbäumen hauptsächlich auf-den-Winter-vorbereitete Laubbaumgerippe vor uns. Aber natürlich kann man trotzdem nicht sagen, dass so ein Nationalpark deswegen nicht beeindruckend wäre. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir als wir den Highway 60 überquert hatten, nur ca. ein Zehntel des ganzen Parks gesehen haben. Das Parkeigene Radio hat uns sogar vor den Schwarzbären und den Mooses (Elchen) gewarnt! Aber leider habe ich trotz aller Hoffnung kein einziges Muuhs gesehen… Und auch bei unseren zwei Kurzwanderungen von jeweils einer Stunde haben sich die Tiere allgemein eher bedeckt gehalten. Abgesehen von einer Libelle und einem braunen Huhn-artigen Vogel war da nix. Wahrscheinlich haben die Tiere auch keine Lust mehr auf Massentourismus und verziehen sich lieber in die 9/10 des Parks, in denen sie nicht von „North Face“ und „Jack Wolfskin“ gestört werden. Für die langen Hiking-Touren waren wir leider mit unserer Ankunft im Park um 13:30 Uhr zu spät dran, da man die Wälder so gegen 17 Uhr verlassen sollte. Obwohl hier natürlich auch Mehr-Tages-Touren von bis zu 70km möglich sind, bei denen es nicht so unwahrscheinlich ist den Bären und Elchen „Gute Nacht“ sagen zu können.
Nachdem wir uns dann spontan dazu entschlossen hatten, die Nacht in Kingston (leider nicht in Jamaika) im Jeep zu verbringen, machten wir uns auf den Weg aus dem Park heraus und in die Einöde hinein. Ich weiß gar nicht, wie ich beschreiben soll, wie die Leute hier in der Pampa wohnen. Zunächst mal kommt man ca. alle 30-50km zu etwas, was hier vermutlich als Dorf oder sogar als Stadt bezeichnet wird, was man aber ohne die „Willkommen in …“ Schilder nicht erkenne würden, denn die Orte fangen mit „Häusern“ (eigentlich nicht mehr ganz so mobile Mobile Homes, umgeben von Dingen, die ich als Müll bezeichnen würde) die im Abstand von 500m augereiht sind an. Darauf folgt ein „Ortskern“ bestehend aus: einem Supermarkt, einem Super-Storage-irgendwas (die findet man hier überall, obwohl eh jeder riesige Grundstücke besitzt und nicht dafür zurückschreckt, seinen kompletten Mist im Garten zu lagern), einem Tim Hortons (ähnlich McCafé+McDonalds)und noch einer weiteren Fast Food Restaurant. Dann geht es wieder weiter mit lückenhaften Häuserreihen… Ich frage mich wirklich wie die Leute hier leben, von was sie leben (also wo sie arbeiten, weil da ist außenherum meistens nichts außer Wald) und womit sie sich den ganzen Tag beschäftigen.
Nach diesen 250 interessanten und eindrucksvollen Kilometer durch das kanadische Landleben kamen wir in Kingston an. Dieser Ort liegt am Zulauf den St. Lawrence Stroms in das Ostende des Ontario Lakes und ist im Gegensatz zum 200 Jahre jungen Toronto mit seiner 400 Jahre langen Geschichte eine sehr sehr alte kanadische Stadt. Für Geschichtsinteressierte verweise ich hierbei auf Wikipedia.
Als wir dann also abends dort ankamen, gabs noch lecker Essen im Grizzly Bear, bevor wir uns einen Rastplatz für die Nacht suchten. Wir wurden auf einem ausgestorbenen Parkplatz der Mitten in den See hinausragte fündig und bereiteten mit meinem Microschlafsack und der Bettdecke aus der Wohnung unser Nachtlager im Hinterteil des Jeeps. Das Auto scheint für solche Aktionen gemacht zu sein, denn wenn man die Rücksitzbank umklappt erhält man eine ebenerdige Fläche die genau die richtige Länge für uns beiden Riesen hatte um bequem schlafen zu können… Wäre da nicht um 1 Uhr morgens ein total bescheuerter Security-Typ auf die Idee gekommen, uns volle Möhre ins Auto zu leuchten um herauszufinden, was es mit diesem scheinbar verlassenen Gefährt vor ihm auf sich hat. Wir waren erstmal halb verschlafen, schockiert und ziemlich planlos, was nun zu tun wäre. Sollten wir uns „stellen“ oder so tun als wäre das Auto wirklich so leer, wie es zu sein schien?! Wir entschlossen uns für Zweiteres und warteten eine weitere Umrundung unseres Autos durch den Security ab, bevor wir es wagten uns aufzurichten und aus dem Jeep zu spähen. Wir mussten ja schließlich herausfinden, was unser Verfolger als nächstes anstellen würde. Was wäre wenn er Verstärkung holt, und wir gar nicht hier parken dürfen, weil es sich um einen Privatparkplatz handelt?! Vielleicht befinden wir uns auch auf einem Firmengelände und haben, so dunkel wie es war irgendein Schild übersehen… Also haben wir schnell das Weite gesucht und letztendlich doch noch einen ruhigen Platz gefunden. Mal abgesehen von dem Geschnatter der Wildgänse auf dem naheliegenden See und dem 2-stündlichen Motor-Anstellen auf Grund der Eiseskälte, haben wir dann noch ganz gut geschlafen.
Am nächsten Tag folgte ein wenig Sightseeing und Shoppen im wirklich niedlichen Kingston, gefolgt von einer Bootstour zur Erkundung der Thousand Islands. Die Thousand Islands sind ein aus der letzen Eiszeit stammendes zurecht geschliffenes Insellabyrinth, welches eigentlich aus ca. 1800 Insel besteht und hier konnten wir endlich den Indian Summer bewundern, den wir im Algonquin Park so vermisst hatten. Es war echt traumhaft schön, vor allem bei dem strahlenden Sonnenschein, der uns schon früh morgens im Auto geweckt hatte. Die Bilder werden dabei sagen, als ich hier schreiben könnte, also versuche ich es gar nicht erst ;-)
Auf dem Boot haben wir eine 19-jährige deutsche Work-Travellerin und ein Hamburgerisches Mutter-Tochter-Gespann kennen gelernt, die uns noch eine interessante Reisetipps geben konnten. Für Kurz-Entschlossene-Kanada-Besucher: die Hamburgerinnen haben uns erzählt, dass sie ihre Flüge Hamburg – Toronto und zurück bei Lufthansa für 350€ bekommen haben!! Ich kann leider nicht dafür garantieren, dass es die immer noch gibt, aber einen Versuch ist es ja wert.
Da wir Montag wieder arbeiten mussten und ehrlich gesagt auch nicht noch auf eine weiter kalte Nacht Lust gehabt hätten, machten wir uns auf den Weg über die verstopften Straßen zurück nach Toronto. Wobei ich um 6 p.m. unserer Zeit unerwartet ein Geburtstagsständchen bekam, weil Jens meinte in Deutschland wäre es ja jetzt 0 Uhr und somit hätte ich hier ja jetzt auch schon Geburtstag! Zu Hause wartete dann auch schon mein Geschenk auf mich, ein super schönes Photobuch „Mellis kleine Welt“!
An meinem Geburtstag gingen Jens und ich abends noch in eine naheliegende Mall, wo mich der Snowboard-Verkäufer auf eine prima Idee brachte, indem er mir die Burton-Kinderboards zeigte. Die gibt es bis 1,50m und kosten, obwohl es quasi das gleiche Modell ist, wie die Erwachsenenboards $400 weniger! Somit wäre der Snowboardkauf dann auch kein finanzieller Ruin mehr ;-)
Ansonsten ist mein Geburtstag mit leckeren, knoblauchreichen Spaghetti und einem gemütlichen Couch-Abend ausgeklungen.
Das wars jetzt erstmal wieder aus dem Sendezentrum Toronto. Meine Finger sind wund und ein lustiges Buch wartet darauf weiter gelesen zu werden! Und ihr wollt jetzt doch bestimmt auch mal statt lesen, was zum gucken bekommen oder?! Ich habe es endlich geschafft die Bilder hoch zu laden! http://picasaweb.google.de/memamahe
Viel Spaß dabei!
Bis bald!!