(JH) Da sitzt er nun in seinem Kaemmerchen unter der Treppe und wartet bis man ihn rauslässt. Er
kann kaum grösser sein als 1,40m. Ansonsten hat er die für einen Vietnamesen üblichen Merkmale: Dunkle Haare, schmaler Körper und
mandelförmige Augen. Er wird immer hervorgeholt, wenn einer der Gäste des Hotels Spiegeleier oder Omelette bestellt. Das hat er aber wirklich
drauf. Ist das Gericht zubereitet, verschwindet er wieder unter der Treppe unter der er den ganzen Tag, gekleidet in einem schneeweissen Kittel, zu kauern scheint (BH: ich habe ihn liebevoll "Harry Dotter" getauft). Wir befinden uns in einem sehr schoenen Boutique-Hotel mitten in der Altstadt von Hanoi. Flatscreen, monströse Regenwalddusche, Teakholzböden, 12 jährige Schotten (Whiskeys), etc.
Alles da und das für 40 EUR fürs Zimmer!
Verlässt man das Hotel steht man mitten im Verkehrsarmageddon!
Gehsteige sind nicht benutzbar, da diese für den gemeinen Vietnamesen als Wohn-/Ess- und Schlafzimmer, teils auch als Bad benutzt werden. Dass
sich hier dank der vielen Essensreste auch Ratten sehr wohl fühlen, who
cares! Naja, und wenn dann mal ein Quadratmeterchen Platz ist, steht
dort eines der 2 Mio. in Hanoi bewegten Mopeds. Wie komme ich auf 2 Mio.?! Naja es sitzen ja immer 3 auf einem...
Man rennt also immer auf der Strasse und das bei einem Gewurl an Autos, Mopeds und Rikschas. Man fühlt sich wie bei American Gladiator im Endgame. Untermalt wird das ganze von permanentem Hupen. Manch einer
hupt beim überholen. Manch einer bleibt einfach auf der Hupe.
Interessieren tut das keinen wirklich. Gehört einfach zum guten "Ton".
Die Altstadt ist durchzogen von kleinen Gassen, von denen in jeder eine
bestimte Produktgruppe verkauft wird: Metall, Mopedsitze, Safes, Stoffe, Klopapier usw. Auf den Gehsteigen, sorry Wohnsteigen davor sind kleine Plastikschämel rund um eine Kochstelle
postiert (BH: mit "klein" ist 20cm Hoehe gemeint). In der Mitte bietet eine Frau ihre kulinarisch sicherlich
interessanten aber hygienisch fragwürdigen Erzeugnisse feil. Selbst Müller-Brot würde hier Bedenken äussern.
Was die Architektur betrifft findet man noch wirklich gut erhaltene Bauten aus der französischen Kolonialzeit, aber eben auch die Bausünden
aus der Neuzeit.
Das Preisniveau zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch Produkte
und Dienstleistungen: Bier 70 ct, Hauptmahlzeit in Restaurant 2-3 EUR, Taxi 30 km 10 EUR, Gourmetmenü 15 EUR.
(BH) Aber bevor wir fortfahren, noch ein paar Worte zur Anreise. Wir hatten die grosse Ehre mit dem thailaendischen Kronprinzen ueber Bangkok zu fliegen. Naja, hat uns eigentlich nur extra Wartezeit gebracht - gesehen haben wir ihn nicht. Immerhin wurde die Maschine diesmal nicht gepfaendet, insofern... die war aber auch so alt, dass die wahrscheinlich keiner mehr haben wollte. Nix mit "inflight entertainment", nix Kopfstuetze, nix bequemer Sitz. Da ich mir puenktlich zum Urlaubsstart auch noch ne amtliche Erkaeltung geholt hab, war der Flug also ein echter Knaller. Lustigerweise haben wir die Kerstin, eine Bekannte, im Flieger getroffen. Mit ihr haben wir dann in Bangkok ein paar Bierchen gekippt, um die Wartezeit zu verkuerzen.
Endlich angekommen in Hanoi ging das Gewusel schon am Flughafen los. Kaum vor der Tuer hatte uns schon ein "Taxifahrer" im Schlepptau (ich hab Johanns Worte beim Verlassen des Flughafens noch im Ohr: "also auf keinen Fall anquatschen lassen") und schwupps sassen wir in einer Klapperkiste Richtung Innenstadt. Da die Vietnamesen auf gar keinen Fall Karten lesen koennen, war es nicht so leicht unser Hotel zu finden. Obwohl unsere Strasse "Han Ca", a)keine kleine und b) in der Karte unuebersehbar eingezeichnet war, blieb der Taxler unbeeindruckt. Nach unzaehligem Im-Kreis-Fahren, Telefonieren, Leute befragen und staendigem "No Han Ca, no han ca" Beteuern, haben wir ihn schliesslich mit Hilfe der Karte gelotst und es tatsaechlich irgendwann ans Ziel geschafft. Mit Johanns Worten: "must be a new street!" haben wir uns von unserem Fahrer, der sich erstmal ne Zigarette nach der ganzen Aufregung anzuenden musste, verabschiedet.
Im Hotel haben wir dann erfahren, dass wir einen Abholservice gebucht hatten, und der Fahrer erfolglos mit "Hermann" Schild vom Flughafen wieder abgezogen ist... Diese Info ist mir wohl beim Dauerschnaeuzen im Flieger entfallen. Kann ja mal passieren.
Dafuer war unser Zimmer grossartig - a bissl viel Glas vielleicht. Ich bin dann auch direkt gegen ne Glasscheibe gerannt, die Kroenung zum Tag also. War aber auch schon wurscht. Schnell frisch gemacht, raus auf die Strasse und rein in den Kulturschock. Es ist sehr schwer in Worte zu fassen, was da auf den Strassen abgeht. Man weiss nicht, wo man zuerst hinschauen will. Alles spielt sich auf der Strasse, den Gehwegen ab. Was aber kein Wunder ist, die Haeuser haben meist nur nach vorne raus Fenster und zwischen den Hauesern fuehren stockdunkle, enge Gassen "nach hinten" (was auch immer da ist). Nicht so einladend. Da wuerd ich mich auch auf den Gehsteig setzen und picknicken.
Wir haben uns mittenrein auf ein 20cm Stuehlchen gehockt, mit gefuehlt 100 andren Einheimischen und Backpackern, ein Bier getrunken und erstmal nur gestaunt. Gegenueber Strassenverkaeuferinnen, dazwischen unzaehlige Mopeds, Huphup, Radel, Kakerlaken... Ploetzlich Aufregung, alle springen auf, die Babystuehlchen werden hastig eingesammelt, die Verkaeuferinnen packeln zam und hasten davon - ein Polizeiauto faehrt vorbei, biegt ums Eck und wieder raus die Stuehlchen...
Zum Abschluss ein Strassen-Barbecue/Feuertopf-Dings und ab in die Heia.
Die naechsten 2 Tage wurden wir jedes Mal sanft mit "Radio Hanoi" um halb 8 geweckt (2stuendige Lautsprecherdurchsagen mit den aktuellen News, dazwischen jeweils ein "Guggug" und dazu immer dieselben 2 Songs). Wir sind durch die Strassen gewandert, dem Muell ausgewichen, wurden von Moped-Taxis wie Hunde angeklatscht, haben irgendwelche Suppen an Strassenstaenden gegessen (und ich hab das Haar darin gefunden...), haben leider die sagenumwobene "Wotababbit" (Water Puppet) Show verpasst und uns gefragt, ob man in Hanoi jemals die Sonne sieht. Viele Eindruecke, faszinierend, aber nicht unbedingt schoen.
Und so haben wir uns schliesslich auf den Weg zur Halong Bay gemacht.