Kia ora!
Letztes Mal habe ich Euch einen Nachtrag vor die Pupillen geschmissen. Diesmal erzähle ich etwas Neues! [So der Originalplan, bevor ich feststellte, dass ich nun viel mobiler bin, mehr erlebe und wesentlich weniger WiFi vor die Füße geschmissen bekomme. Wenn ich es nicht gerade suche...]
Ich habe meine Tour durch die Northlands erstmal beendet. Nachdem ich in Paihia war, folgten weitere wunderschöne Strände und ein paar erlebnisreiche Sanddünen. Denn anders als bei uns in Deutschland darf man diese durchaus besteigen und auch runter -laufen, -rollen, -surfen oder auch... -fallen.
Ich bin seit 10 Tagen wieder in Auckland und habe mich nach einem Auto umgeschaut. Während meiner Reise durch die Northlands ist meine Laune nicht immer gut gewesen, denn ich habe festgestellt, dass man ohne Auto und ohne gutes Zelt mehr oder weniger an Städte gebunden ist. Viele bestaunenswerte Orte liegen aber außerhalb des zu Fuß erreichbaren Bereiches und wenn dann gerade kein Platz im Auto von jemand anderem frei ist, dann ist man aufgeschmissen. Man könnte versuchen dort hin zu Trampen. Trampen ist hier eine ganz gewöhnliche Sache, das kann man als Europäer erstmal nicht so richtig nachvollziehen. Jedoch sollte eine kleine Geschichte der Sache Glaubwürdigkeit verpassen: Ich erzählte einem Hostelbesitzer, dass ich nicht gewusst hätte, wie ich am Besten in die nächste Stadt komme. Diese war circa 1 1/2 Stunden Autofahrt entfernt. Der Hostelbesitzer antwortete sofort: Geh Trampen! Daraufhin antwortete ich, dass ich noch nie getrampt sei und deswegen großen Respekt davor habe. Er schaute mich amüsiert an und warf mir "kleine Mädchen trampen hier quer durchs Land!".
Nachdem mir so "in den Arsch getreten" wurde buchte ich für die erste Stunde einen Bus. Für das letzte Stück stand dann für mich Trampen an. Das war eine interessante Erfahrung. Ich hatte den Plan ein wenig außerhalb der Stadt anzufangen zu trampen und 200 Meter bevor ich den Daumen raushalten wollte hielt ein Van an: "Eh, willst Du trampen?" Ich war ein bisschen alamiert, denn wer hält schon einfach an, um einen Fremden mitzunehmen? Ohne, dass dieser signalisiert mitgenommen zu werden? "Wo fährst Du denn hin?", fragte Ich. "Runter nach Ahipara. Ich war gerade einkaufen und wohne da!", antwortete der Mann, Mitte 30, südländischer Touch. Ich schaute mir den Van genau an und erblickte zwei kleine Kinder auf den Rücksitzen. Würde Er mir mit zwei kleinen Kindern auf den Rücksitzen etwas antuen oder mich überfallen? Mit sicherer Wahrscheinlichkeit nicht... Ich antwortete, "Ja klar, ich spring rein!" Ab ging's! Meine erste Tour als Tramper war angenehm und interessant. Der Mann hieß Kyle, Familienvater und Arzt im örtlichen Krankenhaus. Wir hatten einen netten Small-Talk und er fuhr mich sogar bis direkt vor mein Hostel, wo er ein bisschen Spritgeld vehement ablehnte. Ich trampte noch ein, zwei Male die 30 Minuten zum Supermarkt und es war jedes Mal sehr positiv!
Nun, wenn man irgendwo hin möchte ist Trampen super, aber wenn man auch noch wieder zurück möchte, außerhalb der Stadt, klappt es vielleicht nicht. Ich habe mich nach einigen verpassten Sehenwürdigkeiten und einer damit verbundenen Unzufriedenheit, dazu entschieden ein Auto zu kaufen! Ich wollte mit zwei malaysischen Mädels um deren Ford Mondeo BJ 2005 verhandeln. Jedoch musste ich zunächst einmal einen Blick auf das Auto werfen und Probe fahren! Ein schöner grau-blauer Kombi, mit einem mehr schlecht als recht aufgeklebtem AMG Sticker. Ein paar Dellen und Kratzer waren zu sehen, aber im Gesamtpacket mochte ich den Wagen gerne leiden. Am meisten Respekt hatte ich vor der Probefahrt, das erste Mal Linksverkehr, in einem Auto, das ich noch nie gefahren bin. Der Wagen machte auf mich einen guten Eindruck und nach ein paar Argumenten einigten wir uns auf einen Kaufpreis. Die Übergabe sollte am Abreisedatum der beiden Mädels stattfinden. Das bereitete mir ein bisschen Bauchschmerzen. Aber die Übergabe sollte nicht lange dauern. Ich überweise das Geld und sie übergeben mir den Schlüssel für das Auto. Dann fahren wir zum nächsten Post-Shop und ich überschreibe das Auto auf meinen Namen. Der Autokauf in Neuseeland ist wirklich nicht schwer. Das Geld für das Auto sollte auch bald von meinem deutschen Konto auf mein neuseeländisches Konto transferiert sein. Der Abreisetag der Mädels war gekommen. Die Vereinbarung war, dass ich das Auto kaufe und die Mädels zum Flughafen fahre. Jedoch fiel mir morgens direkt etwas auf: Das Geld war immer noch nicht da. Von der deutschen Bank hieß es am Tag vorher, dass es zu verspäteten Geldtransfers kommen könnte. Ich informierte sofort die Mädels, die natürlich überhaupt nicht begeistert waren und mir versicherten, dass sie sich auf keine Handschläge oder krummen Deals einlassen, da sie mich überhaupt nicht kennen. Ich stand verzweifelt in meinem Hostel in Auckland. Was soll ich jetzt machen? Ich ging zu meiner neuseeländischen Bank und fragte nach, ob sie den Geldtransfer schon mitbekommen haben. Leider antwortete man mir, dass das Geld für niemanden einsehbar im internationalen Raum verweilen würde und somit seien Ihnen die Hände gebunden, denn sie könnten mir ohne Belege ebenfalls nicht vertrauen. Die Bankmitarbeiterin schlug vor, dass die Mädels den Autoschlüssel in ein Fach mit Zahlenschloss legen sollten und sobald das Geld auf deren Konto sei, könnten sie mir ja den Code durchgeben. Diese Idee war nett, aber war auch mir dann zu riskant. Immerhin ging es um eine größere Summe und wären die Mädels erstmal ausserhalb des Landes könnten sie den Wagen an jemanden anderen geben und mein Geld einkassieren, nicht verfolgbar für die Polizei im Zweifelsfall. Eine Idee hatte ich noch: Es gibt doch die Polizei! Wenn ich mit den Mädels zusammen zur Polizei gehe und wir mit einem Beamten einen Deal aushandeln? Das sollte jeder Partei genug Sicherheit geben. Bei der Polizei angekommen sagte man mir jedoch nur, dass man nur für kriminelle Akte zuständig sei und für meine Angelegenheit sollte ich zu einem Anwalt oder Notar gehen – Nein, kein Geld dafür! Ich war mit meinen Ideen und Nerven am Ende. Es war auch schon Nachmittag und um 18 Uhr mussten die Mädels am Flughafen sein – Mit verkauftem Auto oder ohne. Ich setzte mich in die Lounge meiner Herberge und sprach mit den Leuten, auf der Suche nach neuen Ideen oder Geldtransfer-Möglichkeiten ohne Zeitverzögerung – Die gibt es! Wie ich herausfand, aber nur mit existierendem online Account bei den Unternehmen und die Identitätsüberprüfung nach Erstellung des Accounts dauert 12 Stunden. Ohne weitere Idee setzte ich mich auf das Sofa. Nach einer Weile fragte mich Johan, ein Schwede aus meinem Hostel: „Wieviel Geld brauchst Du?“ Ich seuftzte: „Ich brauche noch 1.900 NZ$.“ Er schaute mich mit ernstem Blick an: „Ich habe dich den ganzen Tag beobachtet, wie Du dich um die Sache gekümmert hast. Ich habe den Eindruck, dass Du Niemanden übers Ohr haust und ich gebe dir die 1.900 NZ$. Gib mir das Geld einfach zurück sobald es da ist.“ Ich fiel aus allen Wolken! „Das ist ein sehr großer Gefallen, den Du mir da tust!“ gab ich aufgeregt zurück. „Ich schreibe den Mädels, dass wir eine Lösung gefunden haben. Vielen, vielen Dank!“ Die Mädels waren 30 Minuten später am Hostel und Johan überwies das Geld direkt auf deren Konto. Ich kannte ihn zu dem Zeitpunkt keine zwei Tage…
[Es muss einen Spirit unter all Uns Reisenden geben… Ich habe es an verschiedensten Stellen meiner Reise schon erlebt. Man hilft und unterstützt einander um der gemeinsamen Sache, einer wunderbaren Zeit und einer gelungenen Reise, zu dienen. Das können ganz verschiedene Sachen sein. „Ich habe zu viel gekocht also… nimm dir was Du willst.“ „Du bist neu hier? Okay ich führe dich durch die Stadt!“ „Spinde? Wir haben hier keine Spinde im Hostel… Hier wird nichts geklaut und wenn doch dann haben wir das auf der Überwachungskamera.“ (Und ich habe in all der Zeit wirklich noch nichts von geklauten Handys/ Powerbanks/ Laptops/ Geldbörsen/ etc. gehört. Einmal wurden 5 Paar Schuhe eines Hostels in einem Citycenter geklaut, weil es ein Obdachloser geschafft hat unbemerkt in das Hostel einzudringen. Das war eine Ausnahme.) „Du kannst heute kein Geld mehr abheben aber brauchst noch welches? Hier bitte, ich helfe dir aus!“ „Ich nehme dich im Auto mit, aber will nicht teurer sein, als eine Busfahrt. Gib mir einfach was Du kannst oder willst.“ „Ich verlasse das Land und habe soviel Zeug, welches ich nicht mitnehmen kann… hier bitte!“ (Ein Mädel hier hat einen Autoschlüssel zugeworfen bekommen und hatte dann zwei Autos… Als weiteres kurioses Beispiel) „Komm doch an unseren Tisch, lass uns Kartenspielen spielen!“ „Du suchst einen Job? Hier bitte, die Nummer von meinem alten Arbeitgeber! Erwähne schöne Grüße von mir. Ich habe mich echt gut mit Ihm verstanden!“]
[Und heute, zwei Monate später, fahre ich immer noch Unfallfrei durch Neuseeland und ich liebe die vielen Serpentinen und den Ausblick während der Fahrt! Wobei halt... Ein zwei brenzliche Situationen passierten mir dann doch: Da bin ich einmal in der Nähe vom Lake Taupo auf einer engen Schotterstraße gefahren, als mir in einer engen, bergauf Linkskurve ein Van + Wohnwagen entgegenkam. Ich habe mich spontan entschieden die Erdhügel am Straßenrand neu zu modellieren. Die waren eh viel zu hoch und unsymmetrisch... Jetzt haben sie wenigstens eine ebene Oberfläche! Ein paar Tage später wurde ich fast von einem Haus überfahren. Plötzlich kam mir ein Auto entgegen und signalisierte mir, dass ich langsamer fahren sollte, denn ein Schwertransport folgt. Ich reduzierte meine Geschwindigkeit und sah ein Haus auf mich zurollen. Voller Begeisterung über den Transport eines Hauses bekam ich zu spät mit, dass der Truck ungebremst auf meine Spur auswich, damit die häusliche Ladung nicht durch das Straßenschild beschädigt wird. Ich entschied mich stark abzubremsen und koste es was es wolle auf den Grünstreifen auszuweichen, in dem hoffentlich keine Steine oder Gräben versteckt sind. Alles ging am Ende gut! Aber der Adrenalinspiegel war hoch... Neuseeländer mit Vans/ Pick-Ups/ Trucks bremsen einfach nicht. Und letztens überfuhr ich im Rückwärtsgang eine Verkehrsinsel, ein paar rote Pilonen und verfehlte zum Glück um zehn Zentimeter das Straßenschild... Aber Toi, Toi, Toi ich bin gesund und das Auto ist gesund... Alles ist super!]