Hallösch, hallöschn aus weiter Ferne!
Ich hoffe ihr habt mich nicht allzu sehr vermisst, jedenfalls kommt
hier mal wieder ein Lebenszeichen von mir.
Uns gehts hier immer noch super und wir genießen jeden Tag, auch wenn ich
mir ab und an wünsche für nur einen kurzen Moment in der normalen
Zivilisation zu sein und nen Käffschn zu trinken in netter Runde.
Ja, ich glaub Kenia ist meine Belohnung für mein unglaublich großes und
fuuuurchtbares Leiden in England. Ich hab es jedenfalls noch keine einzige
Sekunde bereut.Man schließt die Leute hier mehr und mehr ins Herz, sie
sind immer so
gut gelaunt und total freundlich, nett und hilfsbereit.
So nun zu meinen letzten Wochen...
Besuch aus Holland
Vor 4 Wochen sind dann Joosts Eltern hier angekommen und wir haben eine
lange Safari hinter uns. Ja, schön wars!!! Und viiiel zu kurz wie ich fand!
Eine Woche haben wir hier in Mago verbracht. Joosts
Mama hat bei der Schneiderei Klasse mitgeholfen und Joosts Papa hat sich
mit Apollo unserem Mechanik Lehrer angefreundet und danach sind die beiden
zum Mond geflogen. (Letzteres war geschwindelt...)
Einen Tag waren wir dann im Regenwald und dort haben wir ne
Dschungelführung bekommen. Der Opa von unserem Guide war Medizinmann und
deshalb konnte sie uns erklären, für welche Krankheiten, welches Kraut
gewachsen ist.
Danach die Woche waren wir in der Massai Mara. Herrrlich sag ich euch! Eine
Artenvielfalt und eine Weite... echt erstaunlich! Ich dachte man müsste
nach den Tieren suchen, aber die waren überall verteilt und wir haben so
ziemlich alle Tiere gesehen. Und ich als Zooexperte fands total toll die
Tiere in Natur zu sehen, wie sie in Herden leben, wer der Anführer ist,
was sie so essen, das sind nämlich garnicht immer verschrumpelte Äpfel
oder Kinder.
Und ich hatte echt das Gefühl, dass die Tiere es auch voll spannend
fanden "uns" in dem Käfig Auto zu sehen. Die haben immer so zurückgegafft,
als würden die wirklich denken: zu welcher Spezies gehören die denn?
Einmal sind wir auch an so nem Büffelkadaver vorbeigefahren, da sind
Joosts Vater und ich erstmal ausgestiegen um das genauer zu begutachten.
Nach 5 Minuten schrien Joost und seine Mama nur: "kommt rein ins Auto, da
kommen Löwen!" Und ich dachte nur: "Klaaaaar, die sind nur gelangweilt und
wollen weiter fahren." Also bin ich ganz bequem zum Auto zurück und dann
flitzten da echt 2 Löwen lang, son paar Meter entfernt von uns. Gut dass
die grad kein Hunger hatten, aber da ging mir dann die Pumpe....
Weiter sind wir gefahren nach Lake Naivasha und haben uns dort ein paar
Tage aufgehalten und Els' Geburststag gefeiert. Schon erstaunlich, da gibts
echt überall Giraffen, die da so an der Straße entlang watscheln...
Weiter ging es nach Malindi (zu deutsch: meine Lindi). Dort haben wir dann
ein paar Tage schön am Meer relaxed. Im Gegensatz zu Western Kenya, wars
an der Ostküste extreeemst schwül und heiß. Dort hatten wir ein paar
schöne Sonnentage und es ging zurück nach Nairobi, wo sich Joosts Eltern
von uns verabschiedet haben. Wir hatten eine sehr schöne Zeit und die 3
Wochen vergingen einfach wie im Fluge...
Nairobi-Hauptstadt
In Nairobi hatten wir dann ein paar Business Meetings, alle sehr positiv
verlaufen und Nairobi ist sehr cosmopolitan und international, da merkt man
von Afrika echt kaum was. Abends sind wir dann zum 1. Mal ausgegangen nach
3 Monaten, Juhuuuu!!! Das war sooo schön. Schöne elektronische Musik,
viele Weiße, und die Getränke waren leider auch zu lecker und zu viiiel...
Etwas hat man von Afrika dann allerdings doch mitbekommen. Wie gesagt in
der Bar waren viele Mzungus (Weiße) und draußen standen kleine Kinder (9-10
Jahre alt), die um Geld bettelten um halb 1 nachts. Am nächsten Tag haben
wir dann gehört,
dass man den Kiddies kein Geld geben soll, da die meistens von der Mafia
dort hingeschickt werden. Ach und außerdem war vor der Bar son
afrikanischer Rosenverkäufer. Den ganzen Abend stand er da in seinen
zerfetzen
Klamotten und hat versucht Rosen zu verkaufen. Selbst als es in Strömen
geregnet hat, stand er da vor der Bar und hat immer noch lieb geguckt aber
niemand hat ihm ein Blümchen abgekauft. Jaaa, das fand ich so traurig. Im
Regen stehen nachts und nichts verkaufen und ich fand das war eigentlich
ne schöne Idee. Dann bin ich erstmal zu ihm hingegangen und hab ihm 50
Cent gegeben, dafür dass er so lieb geschaut hat. Naja und später hab ich
dann natürlich noch eine Rose von meinem Holländer bekommen :)
Zurück gings nach Mago, nach 7 Stunden waren wir dann auch endlich da.
In der Schule angekommen, kam einer nach dem anderen an und jeder
teilte uns mit wie sehr man doch vermisst wurde. Die haben einem das
Gefühl vermittelt, als wären wir für nen Jahr auf Weltreise gewesen,
wirklich, nur die Überraschungsparty fehlte..
So mehr zum afrikanischen Leben
Manchmal driften die Kulturen doch sehr weit auseinander. Als Europäer
packt man sich dann an den Kopf, aber für Afrikaner ist das alles von ganz
anderer Bedeutung.
Letzte Woche hatten wir ne Konferrenz hier für 4 Tage. Jeden Morgen bevor
gestartet wurde, wurde erstmal gebetet und ein Lied gesungen, und das von
solchen Business Leuten. Also bei uns ist das ja garnicht vorstellbar.
Das Essensverhalten ist hier zB auch anders als bei uns. Hier lässt man
immer etwas Essen auf dem Teller übrig, um zu sagen: es war gut, ich bin
satt. Bei uns dagegen heißt es ja: Das hat nicht geschmeckt oder das war
zuviel. Wenn man hier allerdings den Teller aufisst (also das was auf dem
Teller ist, nicht den Teller selbst), dann heißt das auf
afrikanisch: "ich hab noch Hunger. Das war zu wenig." Außerdem darf man
während des Essens nicht sprechen. Ganz komisch für uns, dann sitzt man da
mit 10 Leuten am Tisch und keiner sagt was.
Außerdem wollen Joost und ich die Atmosphäre im Restaurant verbessern und
es
umgestalten. Ich freue mich immer, wenn dann auch mal die Afrikaner
mitdenken und auch Ideen haben. Leider ist es letztes mal so geendet, dass
überall Lametta im Restaurant aufgehangen war, bevor Gäste kamen. Das
Schwierige ist dann, denen mitzuteilen: "schön, dass du dir Gedanken
gemacht hast, aber das sieht nicht so...gut... aus..."
Man muss dann immer denken: Lametta ist für die halt sehr selten, und die
finden das deshalb total toll und die verbinden das auch nicht mit
Weihnachten.
Unser eins würd nie auf die Idee kommen, damit irgendwas zu dekorieren
außer den Christbaum. Die Krönung war auch einmal: ein rosa
Plüschtausendfüßler im Restaurant und 2 dicke Teddybären im
Konferrenzzimmer. Wie gesagt: für Afrikaner was total besonderes von
großem Wert und wir schütteln da nur mit dem Kopf und man verbringt dann
stundenlange Diskussionen, um denen zu erklären, warum das nicht so
angebracht ist. Die findens halt schön und wir schätzen das garnicht mehr,
weils in solchen Mengen bei uns vorkommt und total normal und schon
langweilig für uns ist...
Auch die Bewerbungsbriefe sind hier ganz anders. Wir haben nach einer neuen
Lehrerin gesucht und dann erhält man einen Brief, auf Recycle Papier mit
der Hand geschrieben: "Hallo, ich würd gern bei Ihnen arbeiten, ich würd
mich freuen wenn meine Bewerbung berücksichtigt wird." So das wars, dann
noch nen Lebenslauf. Total anders als bei uns. Ach und eine Bewerbung
haben wir auch noch bekommen: "Hallo, ich schreibe im Namen meiner
Tochter. Sie würde gerne bei Ihnen arbeiten. Bitte schicken sie Ihr die
Unterlagen zu." Und auch die Kontaktdaten auf den Bewerbungen... Dann
geben die immer die
Telefonnummer von sich selbst, der Mutter und der Oma an. Da denk ich
mir: wie komisch würd Oma Inge denn das finden, wenn ich mich bewerben
würde und die Firma wrde dann SIE kontaktieren...
Aber hier leben halt alle unter einem Dach, das ist einfach ein ganz
anderes Familienleben als bei uns.
Letztens hab ich Sheila unsere Sekretärin besucht. Sheila hat 6 Brüder und
noch beide Elternteile und alle sind arbeitslos, nur sie hat hier einen
Job in Mago. Das heißt mit den 100 Euro Einkommen im Monat muss sie nicht
nur sich
selbst, sondern auch noch alle anderen versorgen. Sheila wohnt nur so 5
Minuten von der Schule entfernt. Sie wohnt in einem kleinen Zimmer (9m²),
wo ein Bett, ein Tisch und ein Regal drin steht. In dem Regal befinden
sich Klamotten. Auf dem Tisch stehen 2 Becher und ein paar
Papierunterlagen, die sie für ihren Sekretärinnen Kurs braucht. Vor ihrem
Bett stehen Teller, ein Kohleofen zum Kochen und noch ein paar Töpfe. Also
ich war erstaunt, ich meine, ich bin hier mit 15 Kilo Gepäck hingeflogen
und ich hab mehr Gedöns mitgehabt als sie besitzt. Wobei alles was ich
mitgenommen habe, fand
ich voll notwendig. Naja, die Leute hier leben also mit noch
weniger Sachen als wir mit in den Urlaub nehmen. Und die leben damit!
Naja, jedenfalls,
dass krasse kommt ja noch. Dann hat sie da so nen Ein Personen Bett
drinstehen, in diesem winzigen Raum, und dann meinte sie, sie teilt sich
das Zimmer mit ihrer Cousine. Da schlafen die mit 2 Personen in so nem
Minibett unter nur einer Decke und teilen sich dieses Minizimmer. Die Miete
im Monat beträgt 5 Euro + 2 Euro Strom, für die eine Lampe die da im
Zimmer ist. Duschen gibt es auch keine, sie müssen immer zum Fluss gehen
um sich zu waschen. Auch die Klos sind nur Plumsklos mit nem Loch im Boden.
Ja ich war so schockiert, weil die sehen alle so normal aus und auch
sauber, die Kleidung ist sauber und dann hört man, dass die unter solchen
Umständen leben.
Am nächsten Tag bin ich zu unserem Koch Alex und unserer Lehrerin Lilian
gegangen. Lilian ist immer sehr schön gekleidet und hat auch viel Schmuck,
daher dachte ich immer, sie gehört zur mittleren Klasse hier in Kenia. Das
gleiche gilt für Alex der hier auch nen Auto hat. Ich erzählte Lilian dann
über Sheilas Wohnung: "jaaa, und dieses Minibett, das teilt sie sich mit
ihrer Cousine!!!" und Lilian meinte nur: "ja mein Bett ist auch nicht
größer und ich teile es mit Anina" und Eric der das auch mitbekommen
hatte: "ich teile mein Bett auch".
Da dacht ich mir nur: und ich hab nen 1,40 x 2,00 Bett zuhause nuuuuuur
für mich, zum schön drin rumwälzen! Dann meinte ich zu denen: "wie könnt
ihr das??? Da kann man sich
doch während man schläft garnicht umdrehen, und unter einer Decke, die wird
einem doch nachts ständig weggenommen." und Eric sagte:"Ich kenn es
garnicht ein Bett für mich allein zu haben. Schon früher hab ich mir ein
Bett mit meinem Bruder geteilt, wir sind einfach dran gewöhnt"
Naja selbst Alex und Lilian haben auch keine Dusche zuhause und müssen
sich im Fluss waschen und die sehen immer so sauber aus... echt
erstaunlich wie die das machen. Und dann arbeiten die in nem Hotel, wo
jedes Zimmer ne Dusche hat mit warmen
Wasser. Die müssen doch vor Neid sterben! Ich frag mich wann die das
letzte mal ne normale Dusche hatten...
Ja, was gibts sonst noch für Unterschiede...
Vieles dreht sich nur um Geld...
Als Mzungu(Weißer) muss man meistens mehr bezahlen als ein
Einheimischer. Die wissen halt, dass man nicht von hier ist und wir
mehr Geld haben. Selbst von der Polizei wird man manchmal angehalten und
es wird nach Geld gebettelt, manchmal suchen sie auch nur nach nem Grund,
warum sie uns zahlen lassen. Ist natürlich nicht immer der Fall,
aber es ist uns schon einige Male passiert.
Eine ähnliche Geschichte: Unsere Schule hat lange gekämpft um eine
Wasserpumpe zu bekommen. So haben wir nun auch genügend Wasser in der
Trockenzeit, auch für unsere Gäste. Da unsere Schule aber auch die
Einheimischen unterstützen will, haben wir nach langem Kämpfen erreicht,
dass die Regierung auch eine Wasserpumpe für die Einheimischen hier hin
baut.
So können die Einheimischen immer Wasser holen, selbst wenn der Fluss mal
ausgetrocknet ist und niemand verdurstet.
Wie dem auch sei, es läuft natürlich alles auf den Namen unserer Schule.
Eine Wasserpumpe befindet sich also auf dem Schulgelände, die andere ist
vor dem Schulgelände für die Einheimischen.
Wie dem auch sei, kommt jetzt die Beschwerde von der Regierung, dass ja
die Wasserpumpe für die Einheimischen nicht auf dem Schulgelände ist
sondern vor dem Schulgelände (ca.1 Meter entfernt), und es
auf den Schulnamen läuft. Also wollen sie, dass wir dafür zahlen. Sie
sehen nicht den Vorteil oder sind dankbar, dass dadurch die ganzen
Einheimischen keine
Wassersorgen mehr haben, und dass es sehr hilfreich und etwas gutes ist,
was wir für die Einheimischen organisiert haben, nein... sie wollen Geld...
Natürlich wollen wir dafür nicht bezahlen, und deshalb müssen wir jetzt
die Pumpe 2 Meter verschieben, damit sie auf dem Schulgelände ist. Wir
werden dann den Zaun so legen, dass auch die Einheimischen noch an Wasser
kommen. Aber jetzt muss ein neues Loch gegraben werden, das ganze System
verlegt werden, und und und... So viel Hektik für 2 Meter Unterschied. Und
alles dreht sich ums Geld und nicht den Sinn...
Bratwurst und Sauerkraut
Ach und ich wollte noch von meinem Highlight hier erzählen. Ich hab nen
Restaurant in Kisumu gefunden, was von nem Deutschen geführt wird und ihr
glaubt es nicht: Es gibt Braaaatwurst und Sauerkraut!!!(Auch Rouladen,
Blutwurst und Sülze) Schmeckt auch erstaunlicherweise gut! Aber hallo, wie
geil oder? im tiefsten Kenia... Ich will jetzt nicht mehr zurück nach
Deutschland ;)
Nein will ich wohl!!!
So Joost und ich sind jetzt auch im Internet
http://www.thestylefoundation.nl/news/view/id/49/title/internship-aan-mago-guesthouse
Und für Fotos wie immer:
http://picasaweb.google.nl/jcopray
Ganz viele neue Bilder sind im Ordner:
Kenya
Jetzt dacht ich, wenn ich schreibe, dann wirds diesmal nur ne Seite...
schwups... schon wieder 4...weiß auch nicht wie ich das immer schaffe. In
der Schule war ich immer Meister in kurze Sachen schreiben...
Naja, so das wars...
Ich hoffe ihr seid alle frisch und munter!!!
Bis denn
Eure Linda