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Alltag Alltag in China (Peking - Shihezi, Xinjiang)

Heimreise

CHINA | Sunday, 1 January 2012 | Views [926] | Comments [4]

Es gibt mehrere Möglichkeiten Xinjiang Richtung Europa zu verlassen – links rum, über Kirgistan, Kasachstan usw. (erst mit dem Bus, sehr schwierig), mit dem Flugzeug von Urumqi aus (über Moskau, wenige und meist teurere Flüge) oder rechts rum mit dem Zug von Urumqi nach Peking. Letztere Option wäre mir am liebsten gewesen (hätte ich nicht über 30 kg in drei Gepäckstücken dabei gehabt), auf Zugfahrten erlebt man nämlich meistens Abenteuer, kriegt man was zu sehen und ein Gefühl für Distanzen (Urumqi - Peking: 3700 Zugkilometer in 33 Stunden).

Mit China Air dauerte es am 25. 12. etwa dreieinhalb Stunden. Dass ich wegen Nebels mehrere Stunden warten musste (dafür aber einen Kasachen kennen lernte, der für eine Ölfirma unterwegs war), dass man in Urumqi bei der Sicherheitskontrolle seine Schuhe ausziehen und in Socken durchs Gatter auf ein Podestchen muss, das nur nebenbei. Hauptsächlich aber eine Warnung: Wer je am Flughafen in Urumqi sein und dort in der Halle Lust auf eine Tasse Kaffee verspüren sollte, der überlege sich das genau, ganz genau, frage nach dem Preis, auch ein zweites und drittes Mal, lasse sich zur Bestätigung die Getränkekarte reichen, kurzum versichere sich aufs Genauste, dass er am Ende nicht wie der Dubel aus der Schweiz 90 Yuan für einen Kaffee zahlt, etwa 10 Euro, womit die Gastronomie am Flughafen Urumqi wohl einen Kaffeepreisrekord in China aufstellt (ein Cappucino bei Starbucks im topmodernen Terminal 3, Capital Airport Beijing: 27 Yuan), ich gratuliere.

Nach einem Tag in Peking, der mir in bester Erinnerung bleiben wird – gleichsam an der Hand von Mr. Wang, der die Hauptstadt wie seine Westentasche kennt, überdies ein ausgezeichneter, so unerschrockener wie bedächtiger Autofahrer ist und mich durchs moderne Peking mit seinen Wolkenkratzern und einer Architektur gewordenen Muschel (dem Opernhaus), einem gewaltigen Wasserwürfel (dem bei Nacht blau leuchtenden olympischen Schwimmstadion) und dem ebenso beeindruckenden Vogelnest kutschierte (nachdem wir zuvor durch einige Hutongs spaziert waren und ein Café besucht hatten, wo man Illy-Kaffee ausschenkte (freilich nicht zu Urumqi-Airport-Preisen)) – und mir am Abend ein letztes Mahl in kleiner Runde bescherte (wo u. a. ein bis dahin noch nie gesehenes Fischgericht aufgetischt wurde, das sich optisch gut für eine Kampagne gegen Folter, die Todesstrafe oder auch nur das Verzehren von Fisch eignen würde), ging es dann in der Nacht zum 27. 12. mit Hainan Airlines nach Zürich.

Hainan Airlines verbindet Peking und Zürich dreimal die Woche direkt in beiden Richtungen und ist mir bereits auf einem Inlandflug in China aufgefallen. Und zwar durch einerseits grottenschlechtes Essen und andererseits den freundlichsten und zuvorkommendsten Service, der mir – als freilich recht unerfahrenem Flieger – je zuteil geworden ist. So auch jetzt wieder (nur dass zwischen Peking und Zürich diesmal zwei ganz passable Mahlzeiten serviert wurden) und auf dem zehneinhalbstündigen Flug vermochte mich Hainan Airlines (von denen ich weder Geld noch sonstige Vergünstigungen bekomme), noch mehr zu überzeugen. Zum Beispiel durch eine Selbstbedienungszone in der Bordküche, wo Tee, Kaffee usw. bereitstehen, sodass man die Wahl hat, wie bisher sein Getränk serviert zu bekommen oder sich ein wenig Bewegung zu verschaffen, in der Bordküche mit einer auch um drei Uhr morgens frisch aussehenden Stewardess zu plaudern und seinen am besten schon halb ausgetrunkenen O’saft (Turbulenzen!) zu seinem Platz zu balancieren.

Weiter besticht Hainan Airlines durch ein «bord entertainment system», und mit dem kann man Filme ansehen, Musik hören, Computerspiele machen, sich über eine der besten Fluggesellschaften der Welt informieren usw. – jeder Passagier hat dazu einen im Rückenteil des Sitzes vor ihm eingelassenen Touchscreen zur Verfügung. Auf einem Flug über etwa 8000 km ist so sein System zur Unterhaltung und Zerstreuung recht sinnvoll, ich nutzte es, um die erste halbe Stunde von «Tree of Life» zu sehen und Musik zu hören.

Nachdem ich mich durch einige Pop- und Jazzalben gehört hatte, landete ich schliesslich, schon über Schweizer Boden, bei Sonny Rollins. Und als sich das Flugzeug eben zum Landeanflug in Zürich anschickte, setzte – man kann mir das jetzt glauben oder nicht – «On a slow boat to China» ein … wenn das kein Himmelszeichen oder mindestens ein Wink vom «bord entertainment system» der formidablen Hainan Airlines ist (von denen ich leider auch weiterhin weder Geld noch sonstige Vergünstigungen bekomme) – dann weiss ich auch nicht.

PS Das slow boat in China wurde mir von einer Studentin aus Hunan zur Verfügung gestellt, womit für einmal ein nicht selbst aufgenommes Foto in dieses Journal Eingang fand.

Comments

1

Hey Oliver, ehrlich jetzt wieder in der kapitalistischen Provinz Helvetia? Schön, dann hoffentlich bis bald! Alle beste Grüsse für deine Rückkehr, Chr.

  Chrigel Jan 6, 2012 6:45 AM

2

Oliver , nachdem ich dein Journal gelesen hatte,fuehlte ich mich wohl,als haette ich auch eine Reise gemacht!!

  Yidui Jan 19, 2012 4:35 AM

3

Lieber Yidui, ich hoffe trotzdem, dass dich das Lesen meines Berichtes nicht allzu sehr erschöpft hat. Denn auch das würde zu einer Reise gehören ...

  ollo Jan 19, 2012 5:54 AM

4

Lieber Oliver,
gestern Abend habe diesen Bericht genau durchgelesen .Aber als ein Leser wusste ich nicht,ob ich einen Kommtar machen konnte.Haha,in der Tat geht das ! Vielleicht hast du mich schon tief beeinflusst .Wenn ich deinen Text lese ,imitiere ich spotan deine Formulierungen .Ich frage mich immer ,dass es schön wäre,wenn ich es so schreiben könnte.Aha ,es ist schon vom Thema weit weggegangen.°°°°°°°°°°°°

  Yidui Jan 20, 2012 4:35 AM

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