Mit mir und dem Tiananmen wird es vorläufig nichts. Beim
ersten Mal war ich zu spät dran, beim zweiten Versuch, gestern, sah ich mich
mit Tausenden Anderen der Verbotenen Stadt, dem Mao-Mausoleum und dem
Palastmuseum zustreben, wobei ich dauernd von jungen Chinesinnen auf Englisch
angesprochen wurde, die mir die Verbotene Stadt, das Mao-Mausoleum, das
Palastmuseum oder sonst irgendetwas Unvergessliches zeigen und erklären
wollten.
Vielleicht ist das ja, angesichts breiter und viel
begangener Wege, nur ein blöder Dünkel, aber ich verliere schlagartig die Lust
an jedem Ziel, wenn mit mir wahre Volksmengen unterwegs sind.
Also machte ich wieder kehrt und verlegte mich darauf, ein
paar Fotos aufzunehmen, mehrheitlich mittels einer neuen Technik. Aus der Hüfte
heraus schiessend nämlich oder vom Tan Tien (irgendwo unter dem Bauchnabel)
her, jedenfalls nicht durch den Sucher oder aufs Display sehend (und so als
Fotografierender kaum in Erscheinung tretend). Worunter – ein Teil der neuen
Fotos in der Galerie zeugen davon – natürlich bisweilen die Bildgestaltung und
Raumaufteilung leiden, stattdessen aber manchmal eine Frische und Lebendigkeit
ins Bild tritt, die mich bewogen hat, manche Fotos trotz gewisser Mängel nicht
in den Papierkorb zu stecken.
So gelang mir auch das Foto des Kindes, das an der Hand
seines Vaters auf einem Mäuerchen balanciert und ehrlich, das freut mich mehr,
als es ein Foto der weltberühmten Chinesischen Mauer je vermöchte.
Heute wurde mir übrigens von meinem Arbeitgeber angeboten,
mich morgen zu einem Teil eben jener Mauer unweit Pekings zu fahren, ein jeder
Chinabesucher müsse sie gesehen haben. Nun ja, ich meine eben das nicht zu
müssen und wenn einmal, dann auf einem Abschnitt, wo ich eher weniger mit
zahlreichen Bussen, Andenkenverkäufern, „I climbed the Great Wall“-T-Shirts
usw. rechnen muss.