(JH) … die Tigermücke, der Steinfisch und die Riesenspinne. Ganz nach dem Motto: Immer ist was; nie ist nix! Ja inzwischen sind wir auf Mauritius und wurden schon in den ersten paar Minuten von unserer vollkommen nervigen deutschen Mitbewohnerin über die Probleme hier aufgeklärt. Die Tigermücke überträgt Dengue-Fieber. Aber das ist ja nicht so schlimm meinte sie, außer eben für Kinder, für die wärs tödlich. Am liebsten hätte ich das dumme Weib nach dem Satz im Pool ersäuft! Der Steinfisch gilt zu den giftigsten Tieren überhaupt und ist deshalb so gefährlich, weil er sich im Sand für den Menschen quasi unsichtbar versteckt und man dann drauftritt. Sein Gift lähmt wohl sofort und man muss umgehend ins Krankenhaus, um sich das Gegenserum reinzuziehen. Und zu guter Letzt meinte sie dann noch: Ach ja und eine Spinne von der Größe eines Tellers hatte sie schon im Zimmer. Auf manche Menschen kann man echt verzichten. Aber egal, wir sind hier und jedes Land hat so eine Tücken. Auch die werden wir irgendwie meistern.
Die Anreise dagegen trägt eher das Adjektiv „nervenaufreibend“. Zwei Tage vor Abflug aus Port Elizabeth hatten wir festgestellt, dass unser Anschlussflug um einen Tag nach hinten verschoben wurde. Dies hätte zu einer ungewollten Übernachtung irgendwo in Johannesburg (das war unser Transit-Flughafen) geführt. Während mein Dad in 48 Stunden sicherlich akkumuliert 3 Stunden in der Hotline von flugladen.de (größter Drecksladen des Planeten) verbrachte, hatte gleichzeitig unsere Vermieterin in Jeffreys Bay (die gleichzeitig Travel Agent ist) versucht, direkt mit South African Airways zu verhandeln. Beide Versuche wurden nicht von Erfolg gekrönt, so dass wir uns schon in irgendeiner schäbigen Flughafenabsteige in Johannesburg gesehen haben, begleitet von dem Choral unserer Kinder mit dem Refrain: „Mir ist langweilig!“ Am Morgen unserer Abreise haben wir‘s dann nochmal am Schalter von South African Airways versucht. Ich hab mich mit den Kindern vor der anfangs noch mit steinernem Blick schauenden Mitarbeiterin von SAA postiert und ihr erst einmal mit einem dicken Lächeln einen guten Morgen gewünscht. Das Eis war gebrochen und innerhalb 5 Minuten hatte sie uns kostenlos umgebucht. Sie meinte allerdings, die Umsteigezeit (inkl. Security Check und Passkontrolle) von nur 30 Minuten am größten Flughafen Südafrikas sei knapp bemessen (oder wie sie sagte „illegal“). So sind wir dann voll bepackt mit 3 Rucksäcken, Windeltasche, Gitarre (ja, die habe ich auch dabei), zwei Stoffhunden, zwei Pfauenfedern (die MUSSTE Elias unbedingt mitnehmen) und natürlich unseren beiden Kindern durch den Flughafen gerannt und haben unseren Flieger tatsächlich gekriegt. Nach insgesamt also 13h Anreisezeit sind wir nun also hier im Shanti Ghar Guest House. Wir sind zwar erst eine Nacht hier, aber würden‘s jetzt schon uneingeschränkt empfehlen. Neben der Tatsache, dass die Anlage mit großem Pool, Palmen, tropischen Bäumen, offenen (schattigen!) Sitzgelegenheiten, Hängematten, Ventilatoren, Blick auf die Berge, etc. etc. traumhaft schön ist, herrscht hier ein Flair von Flower Power, Yoga, französischem Road Movie und Hostel. Die mauritianisch-südafrikanische Inhaberfamilie mit Sohn, Tochter, Hund und Katzen hängt hier auch den ganzen Tag ab und am Abend isst man dann zusammen (teils mit unbekleidetem Oberkörper bei immer noch knapp 30 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit) mit ihnen und den anderen Gästen an einem großen Tisch und tauscht sich über den Tag aus. Zwischenzeitlich kann man Yoga machen oder mit dem Sohn auf Exkursion gehen. Die Insel selbst werden wir dann langsam die nächsten Tage erkunden… wir haben ja Zeit.
Ein Kapitel – das wohl bisher eindrücklichste unserer Reise – fehlt aber in unserem Bericht noch: Unser vorletzter Stopp in Südafrika war im Geralds Gift House nahe dem Addo Elephant Park. Dort hatte sich Bettina beim Frühstücken mit einer Martha Cummings unterhalten. Wie sich herausstellte, hatte die Amerikanerin Martha ein paar Jahre zuvor nach einem Besuch der Schule des Townships vor Ort entschlossen, diese irgendwie unterstützen zu wollen und eine Stiftung zu diesem Zweck gegründet. In den letzten paar Jahren hatte diese Stiftung ca. 1 Mio. Dollar gesammelt und damit unter anderem ein Schulhaus mit Computer-, Kunst-, Musik- und Wissenschaftsraum gebaut. Wir sind mit ihr hingefahren, um uns das alles anzusehen und vor allem auch um die Klassen (Jahrgangsstufen Preschool bis 7) und Lehrer zu besuchen. Der Empfang war in etwa so, wie wenn William und Kate aus dem englischen Königshaus in Afrika irgendwelche Einrichtungen besuchen. Die Kinder (und Lehrer) haben sich richtiggehend an uns geschmissen und wollten vor allem Fotos mit uns machen. Dabei waren sie unglaublich herzlich und aufgeschlossen. Von Vorbehalten gegenüber der anderen Rasse nichts zu spüren. Das sage ich deshalb, da man dies sonst bei farbigen Erwachsenen noch sehr sehr stark spürt und sich dies offensichtlich und zum Glück (noch) nicht auf die Kinder übertragen hat.
Auch wenn das Township selbst nicht zu den ärmsten zählt die wir gesehen haben, sind die Lebensumstände dort schon erbärmlich. Die „besseren Häuser“ bestehen tatsächlich aus 4 gemauerten Wänden und einem soliden Dach. Die Wohnfläche dürfte wohl ca. 20 Quadratmeter betragen und man möchte sich das Innenleben gar nicht vorstellen. Mittendrin stehen dann immer wieder die klassischen Wellblechhütten oder Bretterverschläge. Die „Straßen“ sind natürlich nicht asphaltiert, der Müll liegt überall rum und an Kanalisation ist nicht zu denken. Krass, dass es so etwas noch im 21. Jahrhundert gibt. Auf der anderen Seite sieht man dann die Kinder, die mit unglaublicher Freude lernen und recht unbeschwert die Schule genießen. Man kann nur hoffen, dass hier eine Generation entsteht, die eine echte Chance bekommt, aus dem Kreislauf aus Armut, Enttäuschung, Drogen und Kriminalität auszubrechen. Während ich dies schreibe, spielen unsere Kinder im Pool einer wunderschönen Anlage auf Mauritius. Sie wurden einfach ohne eigenes Zutun in eine andere „Welt“ geboren. Wir jedenfalls werden Martha mit ihrem Projekt unterstützen und hoffen, ihr tut das auch.
(BH) Jetzt sind sie also um, unsere 4 Wochen Südafrika und hinterlassen viele bleibende Eindrücke. Tatsächlich war es wirklich einfacher als gedacht. Auch wenn man die ganze Zeit über kein supersicheres Gefühl hatte, was sehr schade ist und so möchte ich echt nicht leben, hat alles super geklappt und ich kann Südafrika mit Kids aus vollem Herzen empfehlen. Gerade die Restaurants und viele Unterkünfte sind total kinderfreundlich. Auch die ständige Aus- und Einpackerei hat mich eigentlich nicht gestört. Die Jungs haben alles super mitgemacht und je weniger geboten war, desto weniger haben sie sich gelangweilt. Ich glaube schon, dass der Trip die beiden auch als Brüder zusammengeschweißt hat. Klar haben sie sich oft gestritten - "nein, du nisch, Alias!" haben wir täglich mehrmals gehört. Aber beim Weinachtslieder singen im Auto waren sie sich immer total einig.
Wie der Johann schon gesagt hat, der Schulbesuch hat uns nachhaltig beeindruckt. Vielleicht waren die Kids und Lehrer auch deshalb alle so begeistert von uns, weil sie angenommen haben, wir sind von Marthas Organisation. Aber diese Neugier der Kinder war schon toll. Und der Albino-Jonah war natürlich der Knaller schlechthin. Sicher ist es extrem wichtig und der richtige Weg, in die Bildung der Kinder zu investieren. Das ist ihre einzige Hoffnung, aus diesem Loch rauszukommen. Hut ab vor Marthas Initiative. Aber es ist noch ein weiter weiter Weg. Das Thema "Umweltbildung" ist zum Beispiel so ein Thema. Ich weiß, dass die Township Bewohner vorrangig andere Sorgen haben, aber ich als Umwelt- und Naturpädagogin (badabusch.... sollte ein Tusch sein;)) hab echt die Vollkrise gekriegt. In Südafrika liegt so viel Müll rum, das macht dich völlig fertig. In Jeffries Bay war ich jeden Tag am Strand Müll sammeln. Die Leut schaun dich nur deppert an. Plastik noch und nöcher. In den Supermärkten ist ALLES doppelt und dreifach in Plastik verschweißt. Ich hab mit Müh und Not loses Obst und Gemüse gesucht. Beim Abwiegen wollten sie's mir in ne Plastiktüte stecken. Ich verweigert. Verständnislose Blicke. An der Kasse wollten sie's mir dann wieder in ne Plastiktüte stecken. Ich wieder abgelehnt. Da sagt die doch zu mir: "but it is for free". Nix, aber gar nix kapiert.
Noch so ein Kapitel: wir sind in einem etwas feineren Restaurant. Hängen große Plakate an der Wand von wegen, sie schützen die heimischen Seepferdchen, deshalb gibts hier "vegetable-based bio straws" (große Strohhalm-Fans die Südafrikaner). Ich frag die Kellnerin total begeistert, was das für besondere Strohhalme sind. Sagt sie: "ah no, they are out of stock. We use regular straws." Aha. Ich so aus Neugier: und woraus sind denn diese offensichtlich so aufwendig produzierten und schwer zu bekommenden Bio-Strohhalme gemacht? "They are maccaroni"... ohne Worte.
Das macht einen echt fertig. Und in Mauritius siehts auch nicht groß anders aus. Ich will jetzt nicht sagen, dass das in Deutschland so rund läuft, aber da liegen Meilen dazwischen. Wo bleibt hier die Aufklärung und Bildung? Ein weiter weiter Weg liegt vor uns.