Wie im ersten Blogeintrag erwähnt, sind die beiden japanischen Hauptreligionen Shintoismus und Buddhismus von ebenbürtiger Bedeutung. Je nach Gelegenheit, wird ein Ritual in einem buddhistischen Tempel oder einem Shinto-Schrein durchgeführt. Für Beerdigungen z.B. ist eher der Buddhismus 'zuständig', für Hochzeiten oft der Shintoismus.
Der gestrige (auch in Japan arbeitsfreie) Sonntag war gemäss japanischem Wochenkalender ein Tomobiki-Tag. Die Bedeutung ist 'Freund ziehen' und er gilt als zweitbester Tag für eine Eheschliessung. S. und ich kamen bei unserem Besuch im Meiji-Park - eine wunderbar ruhigen Oase mitten in Tokyo - dann auch in den Genuss, nicht nur eine, sondern gleich mehrere Shinto-Hochzeits-Prozessionen zu sehen. Braut und Bräutigam und deren engere Familie werden von Priestern und Priesterinnen vom Vorbereitungshof an den vielen fotografierenden Japanern und Touristen in den inneren Schrein geleitet, wo dann die eigentliche Zeremonie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Nach Ruhe, Natur und Kultur zogen wir ins nahegelegene Harajuku-Quartier weiter, wo ebenfalls aufwendiges Styling betrieben wird, allerdings weniger auf jahrhunderte alten Traditionen als auf Anime - den japanischen Comics - basierend. Das ganze Quartier wird zudem mit japanischem Pop beschallt und in süsse Schwaden aus den zahlreichen Crèpes-Buden gehüllt. Spätestens nach einer Stunde wird man als über 25-jährige Ausländerin von einer akuten Allergie auf süss und niedlich befallen und ergreift die Flucht zurück aus der Comicwelt.
Am Abend gab es dann nochmals einen visuellen Staun-Moment. Bei einem Ausflug auf die auf 346 m gelegene Plattform des Sky-Trees, konnten wir die Ausbreitung Tokyos zum ersten Mal richtig wahrnehmen. Ein Rundgang um den ganzen Turm zeigte, dass die Stadt bis zum Horizont leuchtet.